Keine Abwicklung, sondern Erhalt der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung!

Berlin-Wannsee, 10.12.2024

Das Haus der Wannsee-Konferenz hat den Unterstützungsbrief der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung mit unterzeichnet. Innerhalb der Stiftung profitiert unser Haus insbesondere von der Arbeit des Instituts für Kulturelle Teilhabeforschung, mit dem wir beim europaweit einzigartigen KulturMonitoring - KulMon - zusammenarbeiten. Unsere Direktorin Deborah Hartmann und David Zolldan, unser Curator of Outreach, erklären:

“Seit 2019 haben bei uns knapp 5.000 Einzelinterviews stattgefunden. Sie geben fundiert Auskunft zur Motivation, Zufriedenheit, zu Wünschen und Kritik von Besuchenden. Wir können mit diesen Daten über kulturelle Teilhabe begründete Aussagen treffen und zudem Vergleiche mit ähnlichen Kulturinstitutionen wie der Topographie des Terrors und der Stiftung Berliner Mauer treffen. Diese Datenbasis muss fortgesetzt und erweitert werden – sie darf keinesfalls durch eine unbedachte Kürzung wegfallen!”

Deborah Hartmann (Direktorin) und David Zolldan (Curator of Outreach)

Wir dokumentieren im Folgenden den Unterstützungsbrief.


„Keine Abwicklung, sondern Erhalt der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung!”

Sonst droht das Aus für 

  • Institut für Kulturelle Teilhabeforschung
  • Diversity Arts Culture
  • kultur_formen
  • servicezentrum musikschulen
  • sowie die Tochtergesellschaft Kulturraum Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte politische Entscheidungsträger*innen,

mit großer Sorge haben wir die Nachricht von der geplanten Abwicklung der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung (SKWK) zur Kenntnis genommen. Wir, die Unterzeichnenden, fordern Sie eindringlich auf, diese Entscheidung zu überdenken und die Stiftung mit ihren Arbeitsbereichen Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, Diversity Arts Culture, kultur_formen und servicezentrum musikschulen sowie die Tochtergesellschaft Kulturraum Berlin als unverzichtbare Institutionen für den Berliner Kulturbereich zu erhalten. Der Verlust dieser Initiativen hätte nicht nur auf Berlin, sondern auf das ganze Bundesgebiet verheerende Auswirkungen:

Institut für Kulturelle Teilhabeforschung (IKTf):

  • Einzigartige Forschungseinrichtung: Das Institut für Kulturelle Teilhabeforschung entstand auf Basis einer Machbarkeitsstudie der damaligen Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters und wurde vom Wissenschaftsdienst des Deutschen Bundestages als einzigartiger und unersetzlicher Datenlieferant für den gesamtdeutschen Kulturbereich herausgestellt. Ohne ein unabhängiges IKTf fehlen bundesweit wegweisende, anwendungsorientierte Studien zu Besucher*innen und Nichtbesucher*innen von kulturellen Angeboten und zur Wirksamkeit von öffentlichen Fördermaßnahmen.   
  • Evidenzbasierte Entscheidungen: Vor allem ohne das europaweit einzigartige KulturMonitoring (KulMon) des IKTf gibt es in Berlin und ganz Deutschland keine kontinuierliche Datengrundlage auf wissenschaftlicher Basis für Kultureinrichtungsleitungen und kulturpolitische Entscheidungsträger*innen. Auch Verbänden und der Medienlandschaft fehlen relevante Kulturbesuchsdaten für ihre Arbeit. Ebensolche braucht der Kulturbereich jedoch zur Entwicklung zukunftsfähiger Strategien in jegliche Richtung – insbesondere in Zeiten radikaler Haushaltskürzungen. 

Diversity Arts Culture (DAC):

  • Zentrale Anlaufstelle: Ohne Diversity Arts Culture fehlt eine zentrale Anlaufstelle für ratsuchende Kulturtätige in Berlin rund um Diskriminierung im Kulturbetrieb. Wegweisend für die Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sind DAC-Projekte wie die externe AGG-Beschwerdestelle, und dies über den Kulturbetrieb hinaus. Deutschlandweit ist DAC sogar die einzige Institution dieser Art.
  • Erfahrende Beratung: Ohne Diversity Arts Culture fehlen dem Kulturbereich die Erfahrung und das Wissen, wie er sich in einer Einwanderungsgesellschaft zukunftsfähig aufstellen kann. Zahlreiche Maßnahmen und Projekte für Diversitätsentwicklung im bundesweiten Kulturbetrieb gäbe es ohne Diversity Arts Culture nicht.

kultur_formen (kufo)

  • Pilotförderung für innovative Ansätze: Mit dem Berliner Projektfonds Urbane Praxis verantwortet kultur_formen das bundesweit einzige Förderprogramm, das sich spezifisch an Kulturtätige richtet, die sich künstlerisch mit den Themen Stadtgesellschaft und Stadtraum auseinandersetzen. Ohne kultur_formen fehlen bundesweit höchst relevante Impulse für eine partizipative, vernetzende und inklusive künstlerische Praxis.
  • Zugänge zu Projektfördermitteln: kultur_formen setzt durch umfangreiche Barriereabbau- und Outreach-Maßnahmen bundesweit Maßstäbe für eine niedrigschwellige und diversitätssensible Förderpraxis und ermöglicht mehr Menschen Zugang zu Finanzierung und Weiterbildung. Als Best-Practice-Beispiel hat die barrierearme Einstiegsförderung “Durchstarten” des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung deutschlandweite Strahlkraft.

servicezentrum musikschulen (szm):

  • Zentrale Organisation und Vernetzung von Musikschulen: Ohne das servicezentrum musikschulen fehlt in Berlin eine landesweit tätige und in seiner Gestalt bundesweit einzigartige Stelle mit Fachexpertise, die den chancengleichen Zugang zu musikalischer Bildung einfordert, Musikschulkonzepte zeitgemäß weiterentwickelt und die fachliche Vernetzung der zwölf Berliner Musikschulen untereinander und im gesamten Bundesgebiet vorantreibt.
  • Strategien für eine bundesweite Zukunftssicherung von Musikschularbeit: Um dem Musikschullehrkräftemangel zu begegnen und mit den Folgen des “Herrenberg-Urteils” verantwortungsvoll umzugehen, braucht es bundesweit wirkungsvolle, nachhaltige Strategien. Als fachlich und von Verwaltungsstrukturen unabhängiges Servicezentrum kann das szm schnell, agil und unbürokratisch den notwendigen Strategiebeitrag leisten.

Die Kulturraum Berlin gGmbH (KRB):

  • Raumoffensive für Kultur: Die Tochtergesellschaft Kulturraum Berlin agiert als Puzzlestück zwischen Verwaltung, Immobilienwirtschaft und Kulturszene und bildet eine zentrale Säule der kulturellen Raumpolitik. Die KRB verfolgt die langfristige Sicherung und Entwicklung von Räumen für Kultur und kann aufgrund ihrer Expertise in Projektentwicklung, Immobilienwirtschaft und Kultur wesentlich agiler und bedarfsorientiert agieren, als es unflexible Fördermodelle von Kulturverwaltungen leisten. Davon profitiert der Kulturstandort Berlin, der angesichts der rasanten Stadtentwicklung wachsendem Veränderungsdruck ausgesetzt ist.
  • Datenbasierte Kulturpolitik: Das Kulturkataster für Berlin, mit dessen Erarbeitung die KRB betraut ist, hat bundesweit Modellcharakter als Instrument evidenzbasierter Kulturpolitik. Insbesondere angesichts des drohenden Kürzungsszenarios im gesamten Kulturbereich kann das Kulturkataster einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung der kulturellen Vielfalt leisten. 

Wir appellieren an Sie, die drohende Abwicklung der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung mit ihrer Tochtergesellschaft Kulturraum Berlin zu stoppen und sich für deren Fortbestand einzusetzen. Lassen Sie nicht zu, dass diese bedeutende Institution verloren geht. Ihr Erhalt ist eine Investition in die kulturelle Zukunft Berlins und Deutschlands.

Bleibt es bei der Entscheidung zur Abwicklung der Stiftung, würde die Berliner Regierungskoalition dem in Berlin wie gesamtdeutsch von massiven Mittelkürzungen betroffenen Kulturbereich doppelt schaden – und das auf lange Zeit.

Mit Nachdruck fordern wir: Keine Abwicklung der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung und ihrer Tochtergesellschaft Kulturraum Berlin! Für eine zukunftsfähige und zugängliche Kulturlandschaft!