On the Roof of Himmler's Guesthouse. Die U.S. Army 1945 in Wannsee
Ausstellung und Audio Walk im Garten der Gedenk- und Bildungsstätte: 19. Juni 2025 bis 30. Juni 2026, täglich 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei

Zum Audio Walk
Fritz Julius Traugott, 1919 in Hamburg geboren, dort Schüler der Lichtwarkschule, flieht 1938 vor der antisemitischen Verfolgung in die USA. Seinem Bruder Wolfgang und den Eltern Moritz und Therese gelingt ebenfalls die Emigration in die Vereinigten Staaten. Schwester Hedwig überlebt mit ihrem nichtjüdischen Mann und den beiden gemeinsamen Töchtern in Hamburg die Shoah. Als Fritz Traugott, nunmehr als US-Soldat, im Mai 1945 wieder in Deutschland ist, macht er sich zuerst auf die Suche nach seiner Schwester und fährt nach Hamburg.
In Berlin ist er mit einer Einheit sogenannter Ritchie Boys ausgerechnet im ehemaligen Gästehaus der SS untergebracht, dem Ort der damals noch nicht bekannten Wannsee-Konferenz. Ritchie Boys sind US-Soldaten, die wegen ihrer muttersprachlichen Deutschkenntnisse für Verhöre von Kriegsgefangenen und Kriegsverbrechern ausgebildet werden. Die “Mobile Field Interrogation Unit #2”, zu der er gehört, führt Verhöre unweit von der Wannsee-Villa durch.
Seiner Frau Lucia schickt er fast täglich Fotos und Briefe aus der Wannsee-Villa, auf Papier aus der „Adjutantur des Führers“, das er in der Reichskanzlei findet. Die erstmals veröffentlichten Dokumente sowie die Fotografien, die Fritz Traugott vor Ort macht, sind Kern der Ausstellung. Die Ausstellung stellt mit den Dokumenten, Fotografien und in einem Audio Walk Fritz Traugott vor und berichtet von seinen Erfahrungen im Sommer 1945: Was können diese Quellen über die Perspektiven der Befreier auf das besiegte Deutschland berichten?
Erst mit dem Tod von Lucia Traugott, 2018, nehmen sich deren Kinder der Dokumente an und wenden sich ans Haus der Wannsee-Konferenz: Michael, Mark und Kathryn Traugott werden aus den USA zur Ausstellungseröffnung anreisen.
“Bei ihren Ausflügen in Kinos und Theater entdecken einige der ‚Ritchie Boys‘ Spuren der ihnen noch aus der Zeit vor dem Nationalsozialismus vertrauten deutschen Kultur. Für viele ist die Rückkehr nach Deutschland ein erneuter Bruch. Die Deutschen, die sie vertrieben hatten, sehen in ihnen nun die Vertreter einer neuen Macht. Die zuvor vertraute Sprache, Orte und Menschen sind durch die Erfahrung von Verfolgung und Verlust fremd geworden. An Orten wie der Reichskanzlei oder dem ehemaligen SS-Gästehaus am Wannsee stoßen sie auf Symbole und Zeichen der nationalsozialistischen Herrschaft. Indem sie sich Briefpapier, Abzeichen oder einen Ort wie die Villa am Wannsee aneignen, demonstrieren sie auch ihren eigenen persönlichen Sieg über die NS-Diktatur.”
“Wir danken Michael, Mark und Kathryn Traugott für ihr Vertrauen und ihre Offenheit. Fritz Traugott erzählte seinen Kindern kaum etwas von seiner Kindheit und Jugend in Deutschland oder die Zeit in der US-Armee. Das gemeinsame Sichten und Sortieren der wertvollen Quellen kann ein Stück Familiengeschichte rekonstruieren. Weitere Recherchen, die wir in amerikanischen und deutschen Archiven vornahmen, können das Puzzle ergänzen – aber es wird immer lückenhaft bleiben.”