Kapitel 3. It was no picnic for a couple of weeks.

Transkript:

Unter dem Kommando von Frederick Steinberg wird in der Nähe der französischen Ortschaft Stenay das 6824 Detailed Interrogation Center aufgebaut. Hunderttausende von deutschen Kriegsgefangenen werden dort von den amerikanischen Spezialeinheiten in den kommenden Monaten verhört. Ende April bricht die Einheit von Fritz in Richtung Deutschland auf und passiert die Grenze Anfang Mai. Wenige Tage vor der Kapitulation des NS-Regimes berichtet er Lucia von dem sich anbahnenden Kriegsende und seiner bevorstehenden Aufgaben. 

Deutschland, 4. Mai 45 

Liebling, 

Die Nachrichten sind wirklich wunderbar. Sie haben gerade verkündet, dass alle Truppen in Norddeutschland und Dänemark kapituliert haben, und im Süden haben sich unsere Truppen in Österreich über den Brennerpass mit den Truppen in Italien verbunden. Damit ist die Sache so gut wie erledigt. [...] Weißt du, Schatz, wenn eine Einheit in Bewegung ist, wird immer zuerst eine Vorhut losgeschickt, um die Quartiere zu sichern und die Dinge im Allgemeinen vorzubereiten. Ich gehöre zu diesem Vorhut-Kommando; die Kerneinheit wird in Kürze eintreffen. 

[...] Die erste Nacht mussten wir in Bonn verbringen. Die Verwüstung, die wir sahen, ist einfach unglaublich. Wenn man in eine Stadt hineinfährt, denkt man, dass die Zerstörung absolut am Limit ist, aber wenn man in die nächste Stadt kommt, ist es noch schlimmer. Es sind noch viele Menschen unterwegs, und ich frage mich, wo sie schlafen, denn es gibt keine Häuser mehr, zumindest nicht in den Industriegebieten. [...] Mehr morgen, meine Liebe, bis dahin, mit all meiner Liebe für dich und Michael, 

Immer Dein, Fritz

 

Die Einheit von Fritz erreicht Anfang Mai Bad Lippspringe im heutigen Nordrhein-Westfalen. Hier berichtet er zum ersten Mal etwas detaillierter von seinen Erlebnissen in Frankreich und dem für deutsche Kriegsgefangene errichteten Lager in Stenay. 

Bad Lippspringe, 23. Mai 45

Liebling, 

Es regnet immer noch ziemlich stark, kein Wetter zum Fotografieren. Vielleicht morgen. Nun, ich bin bis zu meinem Auftrag bei den Briten gekommen. Als wir im letzten Dezember mit dem Flugzeug abflogen, landeten wir in Paris und hielten uns in le Vesinet auf, einer kleinen Wohnstadt außerhalb von Paris. Von dort aus wurde ich dieser Einheit zugeteilt, die sich damals in Stenay befand. Wir kamen an dem Tag an, an dem die deutsche Gegenoffensive begann, und ich kann dir jetzt sagen, dass es ein paar Wochen lang kein Picknick war. Unser Lager mit mehreren Tausend Kriegsgefangenen wurde einige Male bombardiert, und bei einem Angriff wurden einige Deutsche getötet und verwundet, was uns aber egal war. Aber in der Silvesternacht wurde einer unserer Jungs getötet und mehrere verwundet. Die Deutschen warfen Waffen und Männer ab, um die Kriegsgefangenen zu bewaffnen, aber zum Glück verfehlten sie die Stelle und wurden ausgelöscht. Nun, diese Dinge sind Geschichte, und der Krieg ist vorbei und gewonnen, das ist alles, was zählt. Ich will einfach nur nach Hause und für immer und ewig bei dir sein. [...] 

Mit all meiner Liebe, Dein Fritz

 

Die Versorgung der Einheit unterwegs stellt sich als schwierig heraus. Die Armeeküchen können den Bedarf nicht decken. Fritz berichtet Lucia Anfang Juni, dass das Arbeitsfeld der Ritchie Boys kurzerhand erweitert wird:

Deutschland, 9. Juni 45

Liebling, 

[...] Ich habe gestern nicht geschrieben, wir hatten einen etwas hektischen Tag. Wir hatten eine Pechsträhne in unserer Einheit, mit einem schweren und einem leichten Unfall. Für mich persönlich bedeutet es, dass ich jetzt First Sergeant dieser Einheit bin, weil unser bisheriger First Sergeant so schwer verletzt ist, dass er nicht zur Einheit zurückkehren wird. Nun, ich war schon einmal First Sergeant, und das ist wirklich kein großes Ding. In unserem Job bedeutet das auch, die Küche zu beaufsichtigen, und du kannst dir vorstellen, wie das Essen ab heute aussehen wird. Andererseits kann ich dir ein paar Tipps geben, wenn ich nach Hause komme, wie man Rindereintopf für ein paar hundert Leute macht. Was meinst du, willst du das überhaupt wissen? [...]

Alles Liebe für dich und Michael, 

ich bin für immer dein, Fritz

 

Von Bad Lippspringe beschreibt Fritz in den Briefen Ende Juni seinen Weg über Halle nach Berlin. Einige Tage später macht sich der Vortrupp, darunter auch Fritz, auf den Weg in die Hauptstadt. Sie wissen noch nicht, was sie erwarten wird. 

Halle, 1. Juli 45 

Liebling, 

[...] Morgen brechen wir in aller Frühe nach Berlin auf, und wir sind absolut für alles gerüstet. Sogar Zelte nehmen wir mit, denn vielleicht leben wir eine Zeit lang auf freiem Feld, wer weiß? [...] 

Bis dahin, in aller Liebe 

dein Fritz