Gästehaus der SS (1940-1945)
Aus der Haft heraus verkaufte Friedrich Minoux im Oktober 1940 Villa und Grundstück zum Preis von 1,95 Millionen Reichsmark an die "Stiftung Nordhav", die 1939 vom Chef der Sicherheitspolizei SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich errichtet worden war und deren Zweck die Schaffung und Erhaltung von Erholungsheimen für die Angehörigen des Sicherheitsdienstes der SS und deren Familienangehörige war. Der Kaufpreis wurde nicht an Minoux ausbezahlt, sondern zur Tilgung von Regressforderungen von Banken und der Reichshauptstadt Berlin einbehalten.
Am 15. November 1940 schrieb Heydrich an Albert Speer, den Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt, dass der Kauf des Grundstücks Am Großen Wannsee 56/58 dränge, da auch der Propagandaminister Goebbels Interesse an dem Grundstück zeige. In dem Schreiben Heydrichs heißt es u. a.: "Zukünftig soll das Grundstück, unter vorübergehender Benutzung der oberen Räume (ohne bauliche Veränderungen) während des Krieges wegen der guten Empfangsverhältnisse zum passiven Funkbeobachtungsdienst, als Gästehaus (ohne Erholungsheim oder Hotelbetrieb) des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD dienen, wobei es gleichzeitig günstige Vorbedingungen für Bade- und Bootssport zeigt. Insbesondere soll das Grundstück auch für die Arbeit der IKPK [Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission] ... zur Verfügung stehen." Das Gästehaus der Sicherheitspolizei und des SD in der früheren Villa Minoux wurde im Oktober 1941 eröffnet. Hier übernachteten hohe SS-Offiziere, Führer von Einsatzkommandos oder befreundete ausländische Geheimdienstchefs. Anfang Februar 1943 verkaufte die Stiftung 'Nordhav' das Grundstück für 1,95 Millionen Reichsmark an das Deutsche Reich (Polizeiverwaltung) zur "Weiterführung als Kameradschafts- und Führerheim der Sicherheitspolizei" (§ 4 des Vertrages).
Der Amtsleiter des Inlands-SD, SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf, verlegte im Oktober 1944 sein Hauptquartier in die Villa. Seine Mitarbeiter besprachen hier mit Vertretern anderer Dienststellen Fragen der Volkstumspolitik oder befassten sich mit Plänen des deutschen Widerstands zur Verwaltungsreform. Ohlendorf leitete im Dezember 1944 eine Besprechung über "Soziologische Fragen und Antworten", an der Professoren und Mitarbeiter verschiedener Ministerien und NS-Behörden teilnahmen. Diese Experten diskutierten wissenschaftlich-politische Kontroversen und berieten Pläne für die Nachkriegszeit.
Gegen Kriegsende residierte zeitweilig Gestapo-Chef Heinrich Müller im Gästehaus und verhandelte dort z. B. mit dem Vertreter der Genfer Zentrale des Roten Kreuzes über die Übergabe der Lager Ravensbrück und Sachsenhausen.
1946 ging das Grundstück in den Besitz des Magistrats von Groß-Berlin über, der es im Dezember 1946 an die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) vermietete, die in der Villa das "August-Bebel-Institut" errichtete.