Rechtspflege im Sommer 1945
Schon in der frühen Nachkriegszeit wurde es populär, die Existenz einer „Stunde Null“ für das Justizwesen zu behaupten: Natürlich konnte es nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur in den Besatzungszonen keine nahtlose Fortsetzung in der deutschen Rechtsprechung gegeben haben. Prof. Benjamin Lahusen hat sich diese Phase genauer angeschaut.

Der Anfang hatte keine Vorgeschichte. „Wir müssen neu beginnen, ganz vorn beginnen“, postulierte die neu gegründete Deutsche Rechts-Zeitschrift 1946, „es gibt nichts, was einfach fortgesetzt werden könnte“.1 Gleich im ersten Heft folgte eine Chronik, die dem bis dahin bewältigten Aufbau eines neuen Justizwesens bescheinigte, er sei „gleichsam aus dem Nichts“ gekommen,2 während das Justizministerium Württemberg-Hohenzollern in seinem Rückblick einen Neubeginn „buchstäblich aus dem Nichts heraus“ registrierte.3 Bald erhielten diese Rhapsodien über das Nichts ihre eigenen biblischen Weihen. „Die Stätten des Rechts waren öde und leer,“ schilderte der Präsident des Kölner Oberlandesgerichts seinem Minister den Zustand der Rechtspflege nach dem Krieg, „die Notariate verwaist, die Rechtsanwaltsbüros unbesetzt“.4 Die brandenburgische Landesverwaltung fasste 1946 in einem ersten Rechenschaftsbericht zusammen: „Als der Krieg zu Ende war, war eigentlich alles zu Ende. […] Es war alles geordnete Leben zu Ende“, um sich anschließend die rhetorische Zuspitzung einer Epiphrase zu gestatten: „Chaos.“5
Die gähnende Leere des Anfangs, Stunde Null und Tag eins, das machte Eindruck. Jahre später stellte Fritz Ostler in seiner Anwaltsgeschichte die Ausführungen über die Nachkriegszeit unter die Überschrift „Die Erde war wüst und leer“, während der Berliner Generalstaatsanwalt, offenbar nicht ganz so bibelfest, aus den beiden ersten Sätzen der Schöpfungsgeschichte die Neuformulierung montierte: „Am Anfang war alles wüst und leer“, um dann, nach bekanntem Muster, einen Wiederaufbau „fast aus dem Nichts“ zu beschreiben.6 Vor dem Anfang lag nur die Finsternis.
Dabei sah jeder die Spuren, die die Finsternis hinterlassen hatte. Die Erde war wüst, aber alles andere als leer. Vor dem Amtsgericht Charlottenburg hatte der Volkssturm sein Kriegsgerät weggeworfen; Uniformen, Panzerfäuste, Maschinengewehre und Munition lagen verstreut, dazwischen immer wieder Leichen, in der Luft der dumpfe Geruch des Todes. Im Gerichtsgebäude überall Schutt, Schmutz und Exkremente, die Fenster kaputt, die Regale umgestürzt, die Akten durcheinandergeworfen, die Schreibtische geplündert.7 Überall wühlten sich Richter 8 durch die Ruinen, beseitigten Trümmer oder trugen ihr Zubehör an weniger zerstörte Orte. In Weimar verpflichtete der Landgerichtspräsident seine Mitarbeiter zu täglich zwei bis drei Stunden Aufräumarbeiten; um die Prioritäten klarzustellen – das Gericht war noch geschlossen –, schärfte er ihnen ein, dass dabei „weder ein Federhalter noch eine Schreibmaschine angerührt wird“.9 In den notdürftigen Essener Amtsstuben mussten die Beamten wegen Löchern im Dach bei Regen ihre Schirme aufspannen. In Paderborn fand die ausgebombte Staatsanwaltschaft im Klassenraum einer Vorortschule Aufnahme. Im mecklenburgischen Schwaan bekam das Amtsgericht vier Zimmer in einem Hotel zugewiesen, im bayerischen Neunburg vorm Wald kam man in der Dienstwohnung des Amtsrichters unter, im sächsischen Königsbrück nahm der Dienstbetrieb in einem Café seinen kümmerlichen Neuanfang, während man im nahe gelegenen Lausick im Buchungszimmer der Stadtgirokasse Unterschlupf fand, auch wenn dort eine Verständigung mit dem Publikum unmöglich war; das rechtliche Gehör wurde vom Lärm der Buchungsmaschinen übertönt.10
Es gab keine Dienstzimmer, keine Sitzungssäle, keine Talare, keine Schreibmaschinen, keine Gesetzestexte, keine Literatur, keine Tische, keine Stühle, keine Telefone, keine Regale, kein Papier, keine Kohle, keinen Strom und nichts zu essen. Ihr Gehalt bekamen die Beamten in einer Währung, für die es nichts mehr zu kaufen gab. Jeder ungelernte Arbeiter, der Naturalien erhielt, verdiente mehr als ein Richter. In Hamburg soll ein Amtswalter auf der Suche nach Essbarem Mülltonnen durchwühlt haben, weil er sich, wie er zu seiner Verteidigung vorbrachte, aus Berufsgründen nicht auf dem Schwarzmarkt versorgen könne.11 In Baden-Baden kam ein Gerichtsvollzieher auf die Idee, an der Gefangenenkost teilzunehmen, um in seinem Zwölf-Stunden-Tag wenigstens einmal eine warme Mahlzeit zu bekommen.12 Seit Mitte 1946 wurde den Justizbediensteten zwar vielerorts die Lebensmittelkarte für Schwerarbeiter zugestanden, die entsprechende Verbesserung der Ernährung scheiterte aber immer wieder an Versorgungsschwierigkeiten. Noch Anfang 1948 vermerkte das Zentral-Justizamt, die Ernährungskrise bereite der Justiz „ernsteste Sorge“, Ausfälle durch Krankheiten und Überarbeitung würden sich bedenklich häufen.13 Das Sächsische Justizministerium stellte Richtern und Staatsanwälten, die sich „an Brennpunkten“ – gemeint waren Verfahren zu Kriegsverbrechen und Wirtschaftsstrafsachen – bewährt hatten, eine „besondere Zusatzverpflegung“ in Aussicht.14 Und im Badischen Justizministerium nahm man einen Artikel aus der Zeitung Das Neue Baden zu den Akten, in dem unter der Überschrift „Geistige Arbeiter sind unterernährt“ die feinfühlige Rechnung aufgemacht wurde, „die heutigen Rationen“ lägen „zum Beispiel weit unter denen des Konzentrationslagers Buchenwald“.15
Zu tun gab es so viel wie nie zuvor. Die gesellschaftlichen Fliehkräfte ließen die Justizstatistiken an neuralgischen Punkten förmlich explodieren. Das Strafrecht nährte sich aus den typischen Notdelikten Diebstahl und Hehlerei, dazu kam die endemische Ausweitung des Schwarzmarkts, der vor allem Jugendlichen eine zügige kriminelle Karriere versprach. Auch Zahl und Art der zivilrechtlichen Verfahren illustrierten ungeschönt den Zerfall traditioneller Bindungen: Nach wie vor machten Ehescheidungen den größten Teil des Kerngeschäfts aus. […]
Die Entrechtlichung der Justiz
In gewisser Weise war auch das Recht entfesselt. Die Zeit hatte dem Raum die politische Ordnung genommen, ohne ihm dafür eine neue einzuschreiben. Die alten Spitzen waren weg. Das Reichsgericht wurde am 8. Oktober 1945 binnen weniger Minuten geschlossen und zur Abwicklung freigegeben. Seine Richter kamen in Haft, aus der fast keiner lebend zurückkehrte; was an Inventar wertvoll erschien, wurde der Verwaltung einer „Kommission zur Bewahrung der Sachwerte des Reichsgerichts“ unterstellt.16 Auch das Reichsjustizministerium, auf unzählige Ausweichquartiere verstreut, hatte sich aufgelöst. In winzigen Amtsgerichten auf dem platten Land stöberte die Justizverwaltung der sowjetischen Zone nun Möbel, Inventar, die Bibliothek und gelegentlich kompromittierende Akten auf; Thieracks Schreibtisch stand, arg ramponiert, in einem Gasthof in Mittenwalde.17 Den Großteil der Akten – rund 25.000 Personal- und 3.000 Generalakten – entdeckten die US-Amerikaner im thüringischen Ichtershausen und brachten sie umgehend nach Hessen in eines ihrer Ministerial Collecting Center, wo sie von unterdessen verhafteten Ministerialbeamten verwaltet wurden.18
Die zehn Jahre zuvor mit großem Pomp verreichlichte Justiz wurde nun in rasender Geschwindigkeit kommunalisiert. Bereits in seiner Ersten Proklamation vom September 1944 hatte Eisenhower angeordnet, alle Gerichte und alle Schulen zu schließen, die übrigen Beamten jedoch ausdrücklich dazu aufgefordert, in ihre Amtsstuben zurückkehren und dort Dienst tun. Das war ein schwerer Schlag für die juristische Empfindsamkeit: Die Rechtspflege war degradiert zum ideologisch kontaminierten Volksbildungsprojekt, auf einer Stufe mit Volksschulen und anderen Erziehungsanstalten. Nicht einmal eine gemeinsame Urteilsformel gab es mehr. „Im Namen des Deutschen Volkes“, so hatte man seit dem Übergang der Rechtspflege auf das Reich die Urteile eingeleitet, aber die Alliierten wollten von einer deutschen Justiz nichts mehr wissen und gaben vor, nunmehr „Im Namen des Volkes“, „Im Namen des Gesetzes“ oder „Im Namen des Rechts“ zu sprechen.19 Wer dieses Recht sprach, das hing ganz von den Zufälligkeiten vor Ort ab, von den Vorstellungen der Militärregierung, der Initiative der Eingesessenen und den Reserven an Personal, Gebäuden und Inventar. Zwischen der amerikanischen und der sowjetischen Besatzungsmacht scheint sich eine Art Wettlauf – wenn auch aus ganz unterschiedlichen Motiven – entsponnen zu haben, unter wessen Herrschaft die Gerichte am raschesten wieder einsatzfähig sein würden. […]
Geschäftsbetrieb in der Stunde Null
[…] Einen Moment, in dem alle deutschen Gerichte gleichzeitig stillgestanden hätten, gab es nicht, im Gegenteil: Die Rechtspflege war im Sommer 1945 von einer Buntscheckigkeit, wie man sie zuletzt im Mittelalter gesehen hatte. Von einigen wenigen Gerichten ist überliefert, dass sie als eine Art juristische Rettungsstelle von der Universalschließung ausgenommen worden waren. Irgendwelche allgemein verbindlichen oder wenigstens nachvollziehbaren Maßstäbe scheint es dabei nicht gegeben zu haben, unter sowjetischer Verwaltung sowieso nicht, aber auch nicht in den Westzonen, wo man zumeist die angestammte deutsche Gerichtsverfassung zur Orientierung gewählt hatte. […]
Alliierte Störungen
Der Stillstand der Rechtspflege nach dem Einmarsch der Alliierten mochte also alles Mögliche sein – Zeitgenossen sprachen von „theoretisierender Begriffsspekulation“, der „tiefsten, von der hitlerischen Staatsführung verschuldeten Erniedrigung des deutschen Volkes“ oder einfach nur von einer „großen, monatewährenden Pause der Besinnung“20 –, ganz sicher aber markierte er nicht einen historischen Nullpunkt. Irgendwo arbeitete immer ein Gericht, manchmal noch immer und manchmal schon wieder. […]
Nun aber standen neue Herren im Haus, Herren aber, deren Befehle die deutsche Richterschaft als Anmaßung wahrnahm.
Bereits die Allgemeinen Anweisungen für Richter Nr. 1 enthielten die offene Drohung, Justizangehörige würden „auf das schwerste bestraft“, sollten sie versuchen, die nationalsozialistische Weltanschauung am Leben zu erhalten. Das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 steuerte die Grundsätze von Demokratie, Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit als Leitsterne des neuen Gerichtswesens bei, eine Fülle von Dienstanweisungen brachte nähere Ausdifferenzierungen. Zu wenig Unabhängigkeit schadete, das war jedem klar, aber zu viel Unabhängigkeit schadete offensichtlich noch mehr. Die spiegelbildliche Formel der Militärregierung lautete: „Maximale Kontrolle bei minimaler Einmischung“.21 In regelmäßigen Berichten war Rechenschaft über die eigene Tätigkeit und die erledigten Rechtsfälle abzulegen. Die deutsche Justiz stand unter Generalverdacht: Verbrechen in den Konzentrationslagern, Kriegsverbrechen und sämtliche Streitigkeiten, bei denen ein Angehöriger der Vereinten Nationen betroffen war, lagen anfangs außerhalb der deutschen Zuständigkeit. Alle Amtsträger konnten jederzeit entlassen werden, alle Entscheidungen unterlagen alliierter Kontrolle und konnten bei Nichtgefallen aufgehoben werden – solche Verhältnisse hatte die deutsche Justiz zuletzt im Absolutismus des 18. Jahrhunderts erlebt. […]
Die Richter reagierten eingeschnappt. Wenn von deutscher Seite „Mißtrauen und Bevormundung“ und „jede Einwirkung Unberufener auf die Rechtsprechung“ zurückgewiesen wurde,22 dann war damit nicht zuletzt die Militärregierung gemeint. Im Dunstkreis des Tübinger Instituts für Besatzungsfragen war man in einer ganzen Reihe von Publikationen darum bemüht, die Parallelen zwischen der deutschen Besatzung des europäischen Auslands und der alliierten Besatzung Deutschlands herauszuarbeiten.23 Ein interner Stimmungsbericht des Oberlandesgerichts Celle hielt fest, „der tiefste Wunsch aller Deutschen“ sei die „Wiederherstellung des Rechts“ gewesen, nun aber müsse man laufend willkürliche Verhaftungen erleben. Die Deutschen wüssten sehr wohl zu unterscheiden zwischen Tätern und solchen, „die saubere Hände haben und nur politisch geirrt haben“.24
Neue Volksjuristen im Osten
Die Alliierten, so ist zu ergänzen, wussten das nicht, und am wenigsten wussten das, nach kundiger Einschätzung der Beteiligten, „die Russen“. […]
Vor allem mit Parteimitgliedern verfuhren die Russen rigoros. […] Ob es Ersatz gab oder nicht, war dabei gleichgültig. […]
Der berüchtigte Befehl Nr. 49, Anfang September 1945 oft hektisch am Telefon oder per Telegramm verbreitet, machte daraus ein Programm. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) verlangte darin die Entlassung aller Parteimitglieder bis zum 1. Oktober.25 Damit waren auf einen Schlag vier Fünftel aller Richter aus dem Amt entfernt. Ernst Melsheimer paraphrasierte die sowjetische Politik mit der unmissverständlichen Gleichung, man nehme „eher ein Justitium in Kauf als die Wiedereinstellung der Pg.ʼs“.26 Nicht überall wurde der Befehl mit der gleichen Stringenz durchgeführt, vor allem in Sachsen versuchte man, auch belastete Richter noch im Amt zu halten. Aber an kleinen Amtsgerichten, wo oft nur ein oder zwei Richter arbeiteten, konnte es durchaus passieren, dass alle Richter zugleich entlassen wurden und vom Gericht nur noch eine leere Hülle übrig blieb.27 […]
Den ehemaligen Parteimitgliedern öffnete die neue Rechtsordnung nur noch winzige Nischen; in Sachsen etwa erklärte man sich bereit, unauffällig gebliebene Parteimitglieder als Rechtsanwälte zuzulassen, sofern ortsweise ein Bedürfnis dafür bestehe; sie seien dann „vorzugsweise zur unentgeltlichen Rechtsberatung der minderbemittelten Volkskreise“ heranzuziehen.28 Im Justizdienst dagegen blieb kaum einer – mit gravierenden Folgen. Ende 1946 waren noch immer fast 40 Prozent der Richterstellen unbesetzt, und selbst auf diesen mickrigen Wert kam man nur deshalb, weil man den Gesamtbedarf nach der Kapitulation um ein Drittel gekürzt hatte.29
Der Verzicht auf die alten Volljuristen war zugleich ein Votum für den Volksjuristen. […]
„Volksnahe Justiz ist das Gebot der Stunde“, hieß es in Thüringen, und die sächsische Justizverwaltung verlangte, gerichtliche Beschlüsse seien „kurz, klar, allgemein verständlich und volkstümlich“ zu verfassen.30 Der neue Richter war antifaschistisch, demokratisch, lebensfreundlich, voll gestalterischer Kraft und politischem – gerne auch parteipolitischem – Tatendrang: In Greifswald gab man bekannt, sämtliche Richter seien „zuverlässige Demokraten“, der NSDAP habe niemand angehört, alle Richter seien Mitglieder von CDU oder SPD und in der Gewerkschaft aktiv, auch das übrige Personal sei „durchweg politisch organisiert“;31 in Thüringen bilanzierte man 1950 zufrieden, die Zahl der Parteilosen sei „erheblich zurückgegangen“ und betrage nur noch gut 15 Prozent.32
Als man im Osten zum Jahresbeginn 1946 offiziell zur alten Gerichtsverfassung von 1877 zurückkehrte – oft genauso überstürzt, wie zuvor der Befehl Nr. 49 durchgegeben worden war –, da hatte man bereits eine Welt geschaffen, die im Westen wie die Götterdämmerung der bürgerlichen Gesellschaft erschien. Die in der SBZ mit Aplomb verkündete Devise, lieber habe man gar kein Recht als das Nazi-Recht, ließ sich leicht zum Untergangsszenario ausbauen; über das ungebildete Gewimmel von „Richtern im Soforteinsatz“, „Richtern im Ehrendienst“ und „Volksrichtern“ wusste man in den westlichen Besatzungszonen zwar nur wenig, konnte jedoch mit Bestimmtheit sagen, dass sie eines nicht waren, nämlich Volljuristen im Sinne der hergebrachten Gerichtsverfassung. Die Nachrichten über dieses neue Heer von Rechtsarbeitern waren abschreckend, aber produktiv; wenig dürfte die justizpolitische Restauration im Westen so befeuert haben wie das Labor der wilden Experimente, das es im Osten zu bestaunen gab. Der politische Richter, den man dort unter den Stichworten Volksnähe und Demokratie propagierte, wurde im Westen zum roten Wiedergänger von Freislers Volksrichtern stilisiert, „Kader“ empfand man lediglich als ein schneidigeres Wort für „Gefolgschaftsmitglied“.
Parteizugehörigkeiten oder gewerkschaftliches Engagement des Justizpersonals waren im Westen deshalb entweder verpönt oder gleich ganz verboten; das Problem wurde nicht in der falschen Politisierung gesehen, sondern in der Politisierung überhaupt. […]
Altgediente Volljuristen im Westen
Besser alte als bolschewistische Beamte: Tertium non datur. Während die Ruinen noch rauchten, machte die Justizverwaltung im Westen die Militärregierung bereits damit vertraut, dass angesichts eines Anteils von 80 bis 85 Prozent unter den Justizjuristen ehemalige Angehörige der NSDAP für den Wiederaufbau unverzichtbar seien.33 […]
Nur bei besonders hohen Justizämtern – Präsident von Landgericht oder Oberlandesgericht, Oberstaatsanwalt und Generalstaatsanwalt – war die Parteimitgliedschaft ein Entlassungsgrund, bei allen anderen Justizjuristen musste ein besonderes Engagement in NSDAP, SA oder SS hinzukommen.34 Auf der einfachen Arbeitsebene waren Parteimitglieder deshalb grundsätzlich hoffähig, darin lag der große Unterschied zwischen Kontrollratsgesetz Nr. 4, das ein Berufsverbot von einer „aktiven Tätigkeit“ in der NSDAP abhängig machte, und dem nur wenige Wochen zuvor ergangenen sowjetischen Befehl Nr. 49, nach dem die Mitgliedschaft an sich schon ausreichte. Da im Westen als oberste Instanzen nur noch die Oberlandesgerichtspräsidenten vorhanden waren, diese sich aber lange Zeit nicht koordinieren konnten und vielleicht zunächst auch gar nicht wollten, gab es vor Ort durchaus Unterschiede. Die Tendenz ist gleichwohl eindeutig: Neben dem „Nicht-PG-Richter“ tauchte bald der „unbelastete PG-Richter“ auf,35 der typische Sonderrichter wurde vom bloß nominellen Sonderrichter unterschieden,36 und um alle Kriterien zu verwischen, machte man schließlich neben dem nominellen Parteimitglied auch noch das bloß nominelle Nicht-Parteimitglied aus. […]
Die ursprünglichen Pläne der Alliierten, so es sie denn gab, wurden in der Praxis deshalb bald mehr oder weniger stillschweigend kassiert. Selbst die berüchtigte 50-Prozent-Regel der britischen Zone, die für jeden unbelasteten Richter einen belasteten ins Amt ließ, erhielt noch einen kräftigen Subventionsschub: Jüngere Beamte, Frontsoldaten und Mitarbeiter der Justizverwaltung wurden in die Rechnung gar nicht erst aufgenommen.37 Sogar nach dieser politisierten Mathematik blieben noch riesige Lücken. Man rekrutierte Referendare, Rentner, Schöffen, Anwälte und – weniger gern – rechtskundige Flüchtlinge. […]
Damit war die Matrix entworfen. Die Institutionen mussten gelegentlich daran erinnern, dass man auf die Expertise der suspendierten Beamten nicht verzichten könne, damit der Apparat funktionierte. Die betroffenen Richter schoben das Nominelle – Druck, Anpassung, Karriere, Vorsicht – in den Vordergrund und spielten die innere Bindung zu dem nun geächteten Regime herunter. Ab Mitte 1946, so schildern es die meisten Berichterstatter, begann sich die Personalsituation zu entspannen, die alten Amtswalter kehrten nach und nach zurück. Versetzungen, Abordnungen, Karrieresprünge und Zurückstellungen hatten dem Apparat insgesamt eine neue Konfiguration gegeben. Aber die Bestandteile waren überwiegend dieselben geblieben; von den 9.000 Justizjuristen, die Anfange der 1950er-Jahre Dienst taten, waren immerhin zwei Drittel schon vor 1945 im Einsatz gewesen. Der Düsseldorfer Oberlandesgerichtspräsident resümierte 1948 trocken: „Nach dem personellen Wiederaufbau der Justiz besteht der Kern der Beamtenschaft des Bezirks naturgemäß aus Personen, die ihr auch schon vor dem Zusammenbruch angehört haben.“ 38[…]
Recycling
[…] Recht kommt niemals aus dem Nichts, weder buchstäblich noch gleichsam noch fast. Alles Recht knüpft an eine Vorgeschichte an, an die Sozialisation des Personals, an die Gepflogenheiten der Form, an geläufige Medien, Autoritäten und Argumente. Anfang und Ende waren deshalb untrennbar miteinander verwoben, das Chaos durchzogen die Schlieren der untergegangenen Welt. […]
So klaubten die Rechtsarbeiter aus den Trümmerhaufen die Bauteile für die neue Rechtsordnung zusammen. Aktenzeichen, Registraturen, Urkundenrollen liefen dort weiter, wo sie am Ende der tausend Jahre stehen geblieben waren, und vermutlich mussten sie das sogar, wollte man nicht die bürokratische Übersichtlichkeit einer wohlfeilen politischen Symbolik zum Opfer bringen. Das Papier war ebenfalls das alte geblieben. Alles, was Buchstaben tragen konnte, wurde beschrieben, Notizzettel, Lohnabrechnungen, Personallisten, Grundbuchseiten, Kostenaufstellungen, Inventurlisten: Die Abfälle der alten wurden zur Grundlage der neuen Justizverwaltung. Die Hakenkreuze waren überall. Sie mussten eigenhändig entfernt, aus den Roben herausgetrennt, von den Siegeln abgekratzt, in den Formularen überklebt werden.
Auch der braune Habitus, zwölf Jahre sorgsam gepflegt, brach immer wieder hervor. Schon der Sprachgebrauch war nur schwer zu korrigieren. In Zittau kritisierte die KPD im September 1945 die – relativ milde – Strafe für eine Nazifamilie und ließ öffentlich plakatieren, das Urteil widerspreche „dem gesunden Volksempfinden“. Der Aachener Landgerichtspräsident bescheinigte seinen Gerichtseingesessenen 1946 „seelische Entartungserscheinungen“, der neue Generalstaatsanwalt von Celle träumte anlässlich der Wiedereröffnung seiner Behörde von der Wiederherstellung eines Berufsethos, „wie es früher den deutschen Rechtswahrer ausgezeichnet hat“, der Landgerichtspräsident von Görlitz sah in der flächendeckenden Scheidung übereilt geschlossener Kriegsehen eine im Prinzip nicht unerwünschte „Bereinigung des Volkskörpers“. In Freiburg schrieb ein Anwalt in alter Gewohnheit und allseits unkommentiert ans Amtsgericht, seine Mandantin sei „bei dem Terrorangriff vom 27.11.44 gefallen“. In Stuttgart ließ man 1946 eine Statistik erarbeiten, die belegte, dass die Kriminalität unter Polen sehr viel größer sei als unter Deutschen, was freilich, wie man rechtsstaatlich sensibilisiert konzedierte, auch Gründe habe, „die den noch hier befindlichen Polen nicht im allgemeinen zur Schuld gereichen“. Aber ob Zwangsarbeit oder Zivilarbeit: das kriminologische Problem blieb dasselbe.39 […]
Was eigentlich „nationalsozialistisch“ war, wollte niemand mehr so recht wissen. Man diskutierte genauso ernsthaft über das staatliche Sterilisationsprogramm, das Heimtückegesetz und das 1938 reformierte Eherecht wie über die Frage, ob die Abschaffung der Gerichtsferien im Jahre 1935 ideologisch unverfänglich war. Selbst in Sachsen, wo man mit feierlichem Gestus verkündete, mit der Kapitulation sei die gesamte Staatsgewalt und – unterstrichen – „auch das gesamte Recht“ erloschen, überbrückte man das selbst geschaffene Vakuum umgehend mit einer Universalanalogie, die dem angeblich erloschenen Recht dann doch wieder zur Geltung verhalf, jetzt eben nicht mehr auf direktem Wege, sondern in „entsprechender Anwendung“.40 In der französischen Zone kam man mit der Behauptung, alle auf das Ermächtigungsgesetz gestützten Rechtsakte seien zwar nichtig, hätten sich im Laufe der zwölf Jahre aber den Rang von Gewohnheitsrecht erstritten, zum selben Ergebnis.41
Rechtsfriede, endlich
[…] „Krieg“ ist kein juristisches Argument, und „Friede“ auch nicht. Das Recht klebt an der politischen Ordnung, an den Befehlen, Anordnungen, Verordnungen und Gesetzen, die der politische Raum aussondert, und trotzdem ist „Politik“ keine zählbare Währung im juristischen Diskurs. Was in der Weltgeschichte passiert, und sei es noch so drastisch, muss erst einmal in juristisches Vokabular übersetzt werden, um in der Welt des Rechts Gehör zu finden. Herbert Ruscheweyh, Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg, brachte diese merkwürdige Gesetzmäßigkeit 1947 so zum Ausdruck: „Da die Besatzungsmacht eine Revolution nicht zuließ, mußte der deutsche Jurist folgerichtig die Kontinuität des Rechts, auch in Bezug auf den einzelnen Rechts- und Verwaltungsakt aus der vergangenen nationalsozialistischen Epoche anerkennen.“42 Die Zeit zwischen den Jahren – gehört sie noch zum alten Jahr oder schon zum neuen? Mal so und mal so, und vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders sowohl als auch. Die Erde mochte wüst und leer sein, aber die juristische Meistererzählung war noch intakt; dem Kenner bot der alte Justizsyllogismus wie gewohnt Orientierung: Prämisse: Revolution (-), Kontinuität (+).
Dieser Beitrag ist eine gekürzte Fassung des Kapitels 6 „Zwischen den Jahren: Der Stillstand der Rechtspflege im Sommer 1945“ aus Benjamin Lahusens Monographie: „Der Dienstbetrieb ist nicht gestört”. Die Deutschen und ihre Justiz 1943 – 1948. München 2022. Wir danken Autor und Verlag herzlich für die Genehmigung!
Geleitwort, in: DRZ 1 (1946), 1. Ähnlich Richard Schmid, Justiz in der Bundesrepublik. Pfullingen, 1967, 12; Winfried Hassemer, Strafrechtswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, in: Dieter Simon (Hg.), Rechtswissenschaft in der Bonner Republik. Frankfurt am Main, 1994, 259–310, 259.
↩Gerhard Erdsiek, Chronik der Rechtsentwicklung, in: DRZ 1 (1946), 18–26, 19. Ähnlich OLGP Düsseldorf an JM NRW, 19. November 1947, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 11, Bl. 11; LGP Aachen an OLGP Köln, 20. Januar 1947, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 255 Nr. 176, Bl. 58).
↩Abschlussbericht des Justizministeriums Württemberg-Hohenzollern, 1952, in: StAS, Wü 2 T 1 Nr. 456/4, Bl. 14.
↩OLGP Köln an JM NRW, 15. November 1947, in: LAV R, Ger. Rep. 255 Nr. 84, Bl. 116. Ähnlich Erinnerungsbericht Werner Kesseböhmer, 1967, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 8, Bl. 5; L. Kewer, Aus der Geschichte des Oberlandesgerichts Hamm, in: FS OLG Hamm. Hamm, 1970, 43–130, 107.
↩Rechenschaftsbericht 1946, zitiert nach Hilde Benjamin (Hg.), Zur Geschichte der Rechtspflege der DDR 1945–1949. Berlin, 1976, 44; Walther Hoeniger, Justiz in Brandenburg, in: NJ 1949, 192).
↩Fritz Ostler, Die deutschen Rechtsanwälte, 1871–1971. Essen, 1971, 307; Hans Günther, „Kammergericht soll bleiben“ – „ok“, in: DRiZ 1968, 71–76, 71.
↩Ich verwende hier nur sehr selten eine geschlechtergerechte Sprache. Sensible Ausdrucksformen sind ein wichtiges Anliegen. Hier treffen sie aber auf eine historische Zeit, die sich – neben vielem anderen – auch in Geschlechterfragen durch größte Ungerechtigkeit auszeichnet. Die Akteure dieser Epoche waren, gerade in der Justiz, fast ausnahmslos Männer, und deshalb treten sie hier auch als solche auf; mein Maskulinum ist also ein spezifisches, kein generisches.
↩LGP Weimar an amerikanische Militärregierung, 19. April 1945, in: HStAW, LG Weimar Nr. 135, Bl. 1.
↩Essen und Paderborn: Erinnerungsbericht von Werner Kesseböhmer, 1967, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 8, Bl. 73; Schwaan: Präsident Kreisgericht Güstrow an OB Güstrow, 16. Juni 1945, in: LHAS 5.12-6/5 Nr. 181, Bl. 5; Neunburg: AG Neunburg v.W. an LGP Amberg, 12. September 1945, in: StAA, Staatsanwaltschaft Amberg Nr. 172 Bl. 35; Königsbrück: BM Königsbrück an LV Sachsen Abt. Justiz, 4. April 1946, in: HStAD, 11380 Nr. 199 (unpag.); Lausick: BM Lausick an AG Borna, 30. August 1945, in: HStAD, 11380 Nr. 221, Bl. 2.
↩Siehe Hans Wrobel, Verurteilt zur Demokratie. Justiz und Justizpolitik in Deutschland 1945–1949. Heidelberg, 1989, 131. Bemerkenswert auch die Mitteilung des LGP Bonn an OLGP Köln, 29. Januar 1947, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 255 Nr. 176, Bl. 63, der mahnt, der Schwarzhandel drohe das „früher so unantastbar saubere Beamtentum“ moralisch zu korrumpieren und „das gesamte öffentliche Leben zu balkanisieren“.
↩Zentral-Justizamt, Protokoll der Justizministerkonferenz, 5. Februar 1948, in: LAV NRW-R, NW 189 Nr. 1142, Bl. 1. Ähnlich Bericht über den personellen Wiederaufbau der Justiz im OLGB Düsseldorf, 3. November 1948, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 11, Bl. 7; Freiherr von Hodenberg, Der Aufbau der Rechtspflege nach der Niederlage von 1945, in: 250 Jahre Oberlandesgericht Celle. Celle, 1961, 121–153, 138. Zum Ganzen: Katharina Busam, Kriegsfolgenbewältigung in der Rechtsprechung. Tübingen, 2017, 61–64.
↩Das Neue Baden, 27. Februar 1948, hier nach StAF, C 20/1 Nr. 157, Bl. 71. Weitere Nachweise bei Frank Biess, Republik der Angst. Reinbek, 2019, 73.
↩Siehe Hans-Peter Glöckner, Die Auflösung des Reichsgerichts im Spiegel der archivalischen Überlieferung, in: FS Bernhard Diestelkamp, 1994, 421–456. Der zitierte Bericht findet sich in BA, DP 1 Nr. 29, Bl. 29.
↩Einer der Zwangsverpflichteten berichtete einem ehemaligen Mitstreiter, halb verbittert und halb erstaunt: „So konnten wir also mit unseren Akten ein unerwartetes Wiedersehen feiern“ (Brief Amtsrat Becker an Klempke, 4. Dezember 1945, in: BA, DP 1 Nr. 7347, Bl. 311). Ende 1946 wurde die Sammlung aufgelöst: Ein großer Teil zog nach Berlin ins Document Center, kleinere Bestände kamen ab 1952 ins Bundesarchiv nach Koblenz.
↩Allgemeine Anweisungen Nr. 2; AV Chef der Justizverwaltung, 20. Oktober 1945, in: StAF, C 20/1 Nr. 230, Bl. 2; RV LV Sachsen Abt. Justiz Nr. 25, 25. September 1945, in: BA, DP 1 Nr. 6370.
↩Spekulation: Werner Kesseböhmer, Erinnerungsbericht, 1967, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 8, S. 14; Erniedrigung: Hubert Schorn, Festgabe zur Wiederkehr des Tages des 100jährigen Bestehens des Landgerichts Bonn. Bonn, 1950, 135; Besinnung: Walter Roemer, Wiederaufbau des Rechts – Ein Rückblick, in: Süddeutsche Juristenzeitung 1947, 93–101, 93.
↩Direktive der amerikanischen Militärverwaltung, zitiert nach Manfred Görtemaker/Christoph Safferling, Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. München, 2016, 74 Fn. 168.
↩Misstrauen: Abschlussbericht des Justizministeriums Württemberg-Hohenzollern, 1952, in: StAS, Wü 2 T 1 Nr. 456/4, Bl. 9; Einwirkung: LGP Aachen an OLGP Köln, 20. August 1946, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 255 Nr. 176, Bl. 36.
↩Siehe Hedwig Maier/Gustav von Schmoller, Das Besatzungsregime in den drei westlichen Besatzungszonen. Tübingen, 1948, insb. 21–32; Alfred Hetzel, Die Militärgerichtsbarkeit der Besatzungsmächte in Deutschland. Diss. iur. Tübingen, 1948; Heinrich Röhreke, Die Besatzungsgewalt auf dem Gebiete der Rechtspflege. Diss. iur. Tübingen, 1950; Heinz Breuning, Die Beschränkung der deutschen Gerichtsbarkeit durch die Besatzungsmächte. Diss. iur. Tübingen, 1952, insb. 101–121; Günther Moritz, Gerichtsbarkeit in den von Deutschland besetzten Gebieten 1939–1945. Tübingen, 1955; ders., Die Gerichtsbarkeit in besetzten Gebieten. Historische Entwicklung und völkerrechtliche Würdigung. Tübingen, 1959.
↩Protokoll der Länderkonferenz der Justizverwaltung vom 1./2. November 1946, in: HStAW, Land Thüringen – Ministerium der Justiz Nr. 55, Bl. 40.
↩So etwa beim Amtsgericht Annaberg, wo die beiden Richter am 28. September entlassen wurden (LGP Chemnitz an LV Sachsen Abt. Justiz, 2. Oktober 1945, in: HStAD, 11380 [unpag.]), oder bei den Amtsgerichten Anklam, Hagenow, Penkun, Ueckermünde und Usedom (Rolf Bartusel, „Der Generalstaatsanwalt braucht durchaus kein Jurist zu sein“. Münster, 2008, 104 Fn. 209).
↩LV Sachsen Abt. Justiz an SMAS, 8. Januar 1947, in: HStAD, 11380 Nr. 59, Bl. 142. Gegenüber der SMAD gab die DJV für Dezember 1946 7.847 Beschäftigte in ihrem Geschäftsbereich an, von denen 226 (also knapp 3 %) Parteimitglieder gewesen waren; in der Justiz sei niemand von ihnen tätig (BA, DP 1 Nr. 821, Bl. 3).
↩Präsident Thüringen, Rundschreiben 37/46, hier nach AV OLG Jena, 21. Februar 1946, in: HStAW, OLG Erfurt Nr. 9, Bl. 8; LV Sachsen Abt. Justiz, RV Nr. 137, hier nach: StACh, 30145 Nr. 5513, Bl. 77.
↩Leiter Stadtgericht Greifswald an Sowjetisches Nachrichtenbüro Greifswald, 17. Dezember 1945, in: LAG, Rep. 76 Greifswald Nr. 352, Bl. 99.
↩Siehe etwa LGP Bonn an Oberpräsidenten Bonn, 30. Mai 1945, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 255 Nr. 202, Bl. 180. Genauso schilderte Werner Kesseböhmer die ersten Gespräche mit der Militärregierung (Erinnerungsbericht, 1967, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 8, Bl. 35 f.).
↩Kontrollratsdirektive Nr. 24, 12. Januar 1946, Art. 10 Nr. 88, in: ABl. KR, 228. Ihre Umsetzung bestätigt etwa der Erinnerungsbericht von Werner Kesseböhmer, 1967, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 8, Bl. 54. Umso erstaunlicher ist, dass Rottleuthner, Karrieren, a.a.O., 73–78, gerade für die höheren Posten besonders hohe Kontinuitäten nachgewiesen hat.
↩So in den Erinnerungen des Senatspräsidenten am OLG Köln, Floß, 1968, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 5, Bl. 82.
↩Siehe Protokoll zur Besprechung der Justizverwaltung der französischen Zone mit der Militärregierung, 11. Mai 1946, in: StAF, C 20/1 Nr. 274.
↩Siehe etwa OLGP Celle an Militärregierung, 15. Januar 1946, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 86 Nr. 169.
↩Bericht über den personellen Wiederaufbau der Justiz im OLGB Düsseldorf, 3. November 1948, in: LAV NRW-R, RWN 139 Nr. 11, Bl. 6. Statistische Angaben bei Rottleuthner, a.a.O., 58 f.; freilich sollte man nicht leichthändig annehmen, zwei ehemalige Parteimitglieder seien doppelt so schlimm wie einer, insofern ist die Rede von der „Renazifizierung“ irreführend.
↩Volksempfinden: BA, DP 1 Nr. 8, Bl. 102; Entartung: LGP Aachen, Lagebericht 20. August 1946, in: LAV NRW-R, Ger. Rep. 255 Nr. 176, Bl. 25; Rechtswaher: GStA Dagobert Moericke, Wiedereröffnung des Oberlandesgerichts Celle, in: HRPfl. 1946, 33; Volkskörper: LGP Görlitz an LV Sachsen Abt. Justiz, 6. April 1946, in: HStAD, 11380 Nr. 69 (unpag.); Terrorangriff: AG Freiburg, 3 C 20/1944, Schriftsatz vom 20. April 1948, in: StAF, E 159/1 Paket 22 Nr. 443, Bl. 97; Statistik: Schriftverkehr Justizministerium Württemberg und Militärregierung, 13. Juni/18. Juli 1946, in: HStAS, EA 4/001 Bü 104, Vorgang 16.
↩Siehe Besprechung der Justizverwaltung Sachsen mit der DJV, 19.–25. September 1945, in: BA, DP 1 Nr. 8, Bl. 13.
↩