"Berlin lebt auf!" Pressemeldungen zum Nachkrieg

Berliner Zeitung, 23. Mai 1945
Berliner Zeitung, 23. Mai 1945

Flucht von NS-Tätern

Am Ende des Krieges entziehen sich tausende Tatbeteiligte ihrer Verantwortung, indem sie, meist mit falschen Dokumenten, in alle Welt fliehen.

Berliner Zeitung, 23. Mai 1945

Dabei wählen sie oft Länder, in denen es deutsche Gemeinden gibt und während der zurückliegenden Jahre starke Auslandsorganisationen der NSDAP. Einige werden von den Alliierten angeworben, um für deren Geheimdienste in Staaten zu arbeiten, wo sich linksgerichtete Befreiungsbewegungen organisieren. Auch der Bundesnachrichtendienst kennt viele Aufenthaltsorte von ehemaligen NS­Verbrechern.

Manche Täter führen ein bürgerliches Leben, andere mischen sich in die Politik ein. Die meisten treten offen mit ihren ideologischen Überzeugungen auf und beeinflussen andere. Für emigrierte Jüdinnen und Juden und Überlebende des systematischen Massenmords ist dieses Auftreten unerträglich. Ihre Anliegen werden aber selten berücksichtigt.

Kaum ein Täter wird nach Deutschland oder Europa ausgeliefert.

Chronologie

Flüchtlingspass des Italienischen Roten Kreuzes für Adolf Eichmann von 1950

Adolf Eichmanns Flüchtlingspass, Museo del Holocausto, Buenos Aires
Adolf Eichmanns Flüchtlingspass, 1950 (Museo del Holocausto, Buenos Aires)

Adolf Eichmann organisiert die Deportationen aller Jüdinnen und Juden in Europa. Er nimmt auch an der Wannsee­-Konferenz teil. Mit Unterstützung des Bischofs Alois Hudal in Rom gelingt es ihm, nach Argentinien zu fliehen. Seit seiner Entführung durch den israelischen Geheimdienst und der Verurteilung in Jerusalem symbolisiert er für viele Überlebende den systematischen und bürokratischen Massenmord.

Schreiben der Deutschen Botschaft in Bolivien an das Auswärtige Amt vom 14. Januar 1964

Mitgeteilt werden hier Beobachtungen und Einschätzungen über Klaus Barbie, der sich inzwischen Klaus Altmann nennt.

Schreiben Deutsche Botschaft Bolivien, 1964, S. 1 (Politisches Archiv des Auswärtiges Amtes, Berlin, PAAA, B 83, Bd. 1351, Bl. 1, 3)
Schreiben Deutsche Botschaft Bolivien, 1964, S. 1 (Politisches Archiv des Auswärtiges Amtes, Berlin, PAAA, B 83, Bd. 1351, Bl. 1, 3)
Schreiben Deutsche Botschaft Bolivien, 1964, S. 2 (Politisches Archiv des Auswärtiges Amtes, Berlin, PAAA, B 83, Bd. 1351, Bl. 1, 3)
Schreiben Deutsche Botschaft Bolivien, 1964, S. 2 (Politisches Archiv des Auswärtiges Amtes, Berlin, PAAA, B 83, Bd. 1351, Bl. 1, 3)

Beate Klarsfeld 1985 in Paraguay

Agence MYOP, Paris, Fotograf: Alain Keler
Beate Klarsfeld 1985 in Paraguay (Agence MYOP, Paris, Fotograf: Alain Keler)

Die Journalistin Beate Klarsfeld kämpft seit den 1960er­Jahren dafür, dass Altnazis entlarvt und bestraft werden. Mit Itta Halaunbrenner, deren Kinder auf Befehl des damaligen Gestapo­-Chefs von Lyon Klaus Barbie von Izieu nach Auschwitz deportiert wurden, demonstriert sie in La Paz. Barbie, der sich jetzt Klaus Altmann nennt, arbeitet für das Innenministerium der dortigen Banzer­-Diktatur als Ausbilder für die Sicherheitskräfte. 1985 fordert Beate Klarsfeld in Asunción die Auslieferung des SS­-Lagerarztes Josef Mengele. In Paraguay leben zahlreiche Altnazis, die von Diktator Alfredo Stroessner geschützt werden. Da Paraguay ein wichtiger Handelspartner für die Bundesrepublik ist, blendet die Politik dies aus.