Kapitel 4. Greetings from Berlin, and you can have every bit of it.
Transkript:
Gerade am Wannsee angekommen, findet Fritz’ Vortrupp eine geeignete Unterkunft. Fälschlicherweise denkt er, das Haus gehöre der Siemens-Familie. Das Protokoll der Wannsee-Konferenz wird erst 1947 gefunden, zum Zeitpunkt des Einzuges der Einheit, ist die spätere Bedeutung der Villa noch nicht bekannt. Fritz und seiner Einheit ist allerdings bewusst, dass es sich um das Gästehaus hochrangiger NS-Vertreter handelt. Für die Einheit vor Ort wird aus der Villa am Wannsee schnell „Himmler’s Guesthouse“ – dies liegt auch an dem Briefpapier, dass sie in der Villa finden. So schreibt Fritz am 4. Juli 1945 erstmalig auf Briefpapier mit der Signatur „Der Reichsführer-SS“.
Berlin, 4. Juli 1945
Liebling,
Wie gefällt dir dieses Briefpapier? Wir haben es in dem Haus gefunden, in das wir einziehen werden. Das wird übrigens auch unsere Adresse sein. Ansonsten war ich den ganzen Tag mit dem Kochen beschäftigt. Es ist meine Aufgabe geworden, für uns zehn zu kochen, und ich muss sagen, dass es mir sehr viel Spaß macht, solange es nur vorübergehend ist. Die Rationen sind gut, man muss nur ein bisschen den Kopf benutzen und improvisieren. Der Hauptteil unserer Einheit bricht morgen früh auf und sollte bis zum Abend ankommen. Es gibt noch eine Menge zu tun, um die neue Wohnung aufzuräumen, aber das dauert seine Zeit und lohnt sich wirklich. Irgendwann morgen werden wir dann einziehen. Jetzt muss ich das Frühstück vorbereiten, mal sehen, was ich zustande bringe. Meine Briefe sind in diesen Tagen nicht sehr zahlreich, aber du musst verstehen, dass es ein paar Tage dauern wird, bis wir uns eingelebt haben, und in dieser Zeit werde ich dich ein wenig vernachlässigen müssen, mein Schatz, aber ich werde trotzdem versuchen, so viel wie möglich zu schreiben. Mit all meiner Liebe für dich und Michael,
Ich bin dein, Fritz
Die erste Zeit am Wannsee wird von Aufräumarbeiten bestimmt. Trotz der Engpässe im chaotischen Nachkriegs-Berlin gelingt es Fritz, sich einen langgehegten Wunsch zu erfüllen:
Berlin- Wannsee, 8. Juli 45
Liebling, [...]
Weißt du, Liebste, heute habe ich etwas getan, was ich schon lange tun wollte, aber das bedeutet, dass ich dir für ein paar Monate kein Geld von meinem Lohn schicken kann. Ich habe eine sehr schöne Kamera gekauft, und für diese Marke ist sie sehr billig. Es ist eine „Rolleiflex“. [...] Sie nimmt 6x6 Bilder auf, aber mit dem gleichen Film wie die kleine Box-Kamera, einen 120er Film, also schicke bitte weiterhin diese Filme. Abgesehen von der Tatsache, dass es sich um die beste Kamera handelt, die es gibt, ist es eine gute Investition. Findest du nicht auch? Sobald ich einen Film bekomme, werde ich ein paar Fotos machen. [...]
Ich wäre so gerne bei dir, für immer, mein Schatz. Alles Liebe für dich und Michael,
immer dein, Fritz
Zusammen mit dem Rest der Einheit, kommen schließlich auch Kriegsgefangene in die Villa, um verschiedene Arbeiten zu verrichten. Zu seiner Freude, wird Fritz von seiner Aufgabe als Koch damit erlöst.
Berlin, 26. Juli 45
Liebling, [...]
Natürlich haben wir jetzt einen Koch, er kam mit den Kerntruppen unserer Einheit. Er ist auch ein ausgezeichneter Koch. Wir haben eine Mannschaft von 16 deutschen Kriegsgefangenen, die alle Arbeiten im Haus machen. [...]
Morgen mehr, mein Schatz. Mit all meiner Liebe für dich und Michael,
dein Fritz
Im Sommer 1945 macht Fritz viele Fotos von der Villa, der Umgebung und Berlin, den „Boys“, wie er die Soldaten seiner Einheit auch nennt, sowie dem Hund Doedel und seinen Welpen. Diese sind schon länger Teil der Einheit und begleiten die Ritchie Boys bis an den Wannsee. Das Fotografieren scheint ihm sowohl als Ausgleich in seiner Freizeit zu dienen als auch, um das Erlebte festzuhalten und zu verarbeiten.
Berlin, 27. Juli 45
Liebling,
[...] Anbei die ersten Bilder, die ich mit meiner neuen Kamera gemacht habe [...]. Es sind die ersten Bilder, und ich weiß noch nicht so recht, wie ich mit der Kamera umgehen soll, das dauert natürlich eine Weile. Aber man sieht, dass man sehr leicht Innenaufnahmen machen kann. Das mit dem Hund ist in meiner Zimmerecke aufgenommen, ich liege auf meinem Feldbett. Es ist nicht gut fotografiert, aber das wird mit der Zeit besser. Ein anderes Bild ist auf meinem kleinen Balkon aufgenommen. Das ist der Wannsee im Hintergrund, diese dunstige Angelegenheit hinter den Bäumen. Das Bild, auf dem ich auf einem Löwen sitze - keine Sorge, er ist aus Stein -, zeigt auch Master Sergeant Ungar. Und natürlich unsere Hündin Doedel und ihre jüngste Tochter. Du kannst auch einen Teil der Rückseite unseres Hauses sehen, das sollte dir eine Vorstellung davon geben, was für ein schönes Haus es ist. [...]
Morgen Nachmittag findet in unserem Lager eine Flaggenzeremonie statt, und davon muss ich Fotos machen. Bis später, mein Schatz.
Mit all meiner Liebe,
Für immer dein, Fritz