Online-Seminar: Bekämpfung von Antisemitismus im heutigen Polen
Unser Partner Forum Dialogu aus Warschau organisierte für uns am 12. Dezember 2024 ein Online-Seminar, das verschiedene Aspekte des Umgangs mit Antisemitismus im heutigen Polen beleuchtete.
In der ersten Sitzung sprach Anna Zielińska, Vertreterin der Stiftung CZULENT, über historische und aktuelle Formen des Antisemitismus in Polen. Czulent ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich für das soziale Bewusstsein für die Bekämpfung, Erkennung und Aufklärung über moderne Formen des Antisemitismus in Polen einsetzt. In ihrem Vortrag sprach sie über historische Formen des Antisemitismus, antisemitische Ereignisse in der Vergangenheit in Polen und moderne Formen des Antisemitismus. In ihrer Präsentation zeigte sie informative Diagramme, in denen sie die Ergebnisse der Statistiken von Czulent hervorhob: Etwa die Hälfte aller gemeldeten antisemitischen Vorfälle wurden dem modernen Antisemitismus zugeschrieben. Sie wies auch auf den Anstieg der Zahl antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober hin. Die Zahl der gemeldeten Vorfälle stieg um 800 %. Sie betonte, wie schwierig die Situation in Polen unter den gegenwärtigen Umständen geworden ist. Nach ihrem Vortrag stellten die Teilnehmer Fragen. Insgesamt war es ein sehr umfassender und beeindruckender Vortrag, der wichtige Einblicke in den Umgang mit Hassverbrechen im heutigen Polen gab.
Nach einer kurzen Pause wurden lokale Beispiele für antisemitische Vorfälle von Larysa Michalska und Adam Musial, zwei Mitgliedern des Forum Dialogu Netzwerkes, diskutiert. In ihrer aktivistischen Arbeit konzentriert sich Larysa Michalska auf Identität, die Geschichte der schlesischen Juden, Kultur, kulturelles Erbe, die Komplexität der Geschichte und schwierige Erinnerungen. Larysa Michalska, die für die Max-Kopfstein-Vereinigung arbeitet, stellte ein Projekt vor, in dem die lokale Gemeinschaft ortsspezifisch arbeitet, z. B. im Zusammenhang mit der Restaurierung jüdischer Friedhöfe. Adam Musiał stellte seine pädagogischen Ansätze zur Vermittlung jüdischer Geschichte und zur Bekämpfung von Antisemitismus vor. Durch die Perspektive von Menschen, die Antisemitismus erlebt haben, öffnete er den Schülern auch die Augen für Antisemitismus in der Gesellschaft.
Zwei Punkte waren sowohl für Adam als auch für Larysa wichtig: Erstens, dass das Thema eng mit der lokalen Geschichte verknüpft sein sollte, um den Workshop-Teilnehmern durch persönliches Engagement ein tieferes Verständnis zu vermitteln. Zweitens kritisierten sie, dass die Aufklärung über Antisemitismus darin besteht, antisemitische Codes zu erkennen. Hier bemühen sich beide, die Menschen über die verschiedenen Formen des Antisemitismus aufzuklären. So sprachen sie beispielsweise die Tatsache an, dass das folkloristische Motiv des geldzählenden Juden immer noch weit verbreitet ist und gemeinsam diskutiert werden muss. Dies gilt auch für Formen mit aktuellem Bezug.
Der dritte und letzte Teil des Programms konzentrierte sich darauf, die Teilnehmer in Gespräche zu verwickeln. Zunächst berichtete Verena Bunkus über die veränderten Bedingungen bei der GHWK nach dem 7. Oktober 2023. So sei Antisemitismus nach dem Angriff der Hamas in Einträgen im Gästebuch, in Diskussionen während Veranstaltungen und in Vandalismus an einer Ausstellung stärker spürbar gewesen. Anschließend hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sich in vier Austauschräumen zu unterhalten: Was ist in der eigenen Einrichtung, in der eigenen Schule passiert? Wie wurde mit Antisemitismus umgegangen?
Das Seminar endete mit Dank und Feedback. Die Teilnehmenden wurden auch zu zukünftigen Veranstaltungen in Deutschland im Jahr 2025 eingeladen, was auf positive Resonanz stieß.
Agenda
14.00 Uhr Sitzung I: Antisemitismus in Polen. Eine Einführung
Anna Zielińska, Vertreterin der Stiftung CZULENT, wird historische und aktuelle Formen des Antisemitismus in Polen diskutieren. Anschließend Fragen und Antworten.
Czulent ist eine NGO, die sich für das soziale Bewusstsein für die Bekämpfung, das Erkennen und das Lernen über moderne Formen des Antisemitismus in Polen einsetzt.
Anna Zielińska ist Rechtsanwältin und Aktivistin in jüdischen Organisationen. Sie arbeitete als Beraterin für Antisemitismusbekämpfung im Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OSZE/ODHIR) und kooperierte mit dem American Jewish Committee (AJC), AIPAC und der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).
15.30 Uhr Sitzung II: Umgang mit Antisemitismus. Beispiele
Lokale Beispiele für antisemitische Vorfälle aus dem Netzwerk „Forum für Dialog”. Anschließend Fragen und Antworten.
Larysa Michalska ist Pädagogin und Projektmanagerin in Nichtregierungsorganisationen. Sie hat einen Abschluss in Religionswissenschaft und Jüdischen Studien der Jagiellonen-Universität in Krakau. In ihrer Aktivistenarbeit konzentriert sich Larysa auf Identität, die Geschichte und Kultur der schlesischen Juden, das kulturelle Erbe, die Komplexität der Geschichte und schwierige Erinnerungen. Sie hat zahlreiche Fortbildungen in den Bereichen Kommunikation, multikulturelle Bildung, Holocaust-Bildung sowie Museumspädagogik absolviert.
Adam Musiał ist Lehrer, Holocaust-Pädagoge, Guide und Übersetzer von Büchern und Publikationen zum Holocaust und zur jüdischen Geschichte. Er arbeitet mit Yad Vashem, der Shoah Foundation, Museen in Krakau und Warschau sowie anderen Bildungszentren in Polen zusammen. Im Jahr 2019 wurde er für den POLIN-Preis nominiert.
17.00 Uhr Sitzung III: Was hat sich nach dem 7. Oktober verändert? Herausforderungen und Erkenntnisse
Offene Diskussion mit allen Teilnehmern über die Veränderungen nach dem 7. Oktober 2023 in Polen und Deutschland