Bodenreinigung, zwei Räume geschlossen
Nach und nach bekommt der Boden unseres Hauses, fast fünfeinhalb Jahre nach Eröffnung der dritten Dauerausstellung im Januar 2020, eine Grundreinigung. Dafür müssen wir jeweils zwei Räume im Erdgeschoss schließen. Die Inhalte der geschlossenen Räume fassen wir hier für Sie zusammen. Sie stehen Ihnen auch in unserem gedruckten Katalog zur Verfügung.

Seit Anfang April 2025 ist Raum 9 der Ausstellung geschlossen. An ihn grenzt ein schmaler Flur, der die Besucher*innen zum Ausgang führt. Er ist ebenfalls geschlossen.
Titel des Raumes 9 ist:
Rückblick - Ausblick
Auf der einführenden Tafel des Raumes steht: “Die Besprechung am Wannsee steht für die Beteiligung von Staat und Partei am Massenmord an den Jüdinnen und Juden Europas. Doch die Umsetzung des Mordprogramms war nur möglich, weil viele Einzelne mitgemacht haben. Wenige haben sich widersetzt oder den Verfolgten geholfen. Diese Erfahrung wirkt bis heute nach. Sie beeinflusst das Denken und Handeln von Menschen und Institutionen in aller Welt. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit prägt auch unsere Gegenwart.”
Im Raum werden unter Schlagworten einige Zitate gezeigt:
VERANTWORTUNG und SCHULD:
»Ich weiß es nicht, manchmal versuche ich nicht darüber nachzudenken, woran mein Vater teilgenommen haben kann.« Gunter Demnig, geb. 1947, Künstler
»Ich bin davon überzeugt, dass jede*r deutsche Bürger*in schon einmal ein Gefühl von Schuld hatte, sobald vom Dritten Reich gesprochen wurde. Selbst diejenigen, die heute in Deutschland aufwachsen, sind von der Vergangenheit beeinflusst.« Nasanin, geb. 2001, Schülerin
»Deutschland trägt eine schwere Schuld. Obwohl im Nationalsozialismus nicht alle der Meinung der Nazis waren, tragen wir die Verantwortung. Es darf nicht wieder eine schweigende Mehrheit geben, die Verfolgung, Folter und Mord zulässt.« Selma, geb. 2002, Schülerin
»Vielfalt schlägt Einfalt. Stört Einfalt. Zwingt zu mehr. Zu anderen. Verschiebt. Mischt neu. Verlässt das Integrierte. Scheitern? Na und. Weiterkämpfen. In sich. Um sich. Um Dich.« Michel Friedman, geb. 1956, Jurist und Publizist
ERINNERUNG und GEGENWART
»Die Geschichte erklärt vieles, wird die Vergangenheit aber nie rechtfertigen können. Umso wichtiger ist es, sich zu erinnern. Daran, dass der Nationalsozialismus nicht in der Verantwortung einer Person oder Gruppe liegt, sondern fast alle ihren kleineren und größeren Teil beigetragen haben.« Amanda, geb. 2002, Schülerin
»Unsere Stimme soll es von Generationen zu Generationen tragen: Um Gedenken, nicht um Rache, bitten unsere Schatten. Mag unser Schicksal eine Mahnung für euch – nicht eine Legende sein! Und sollten die Menschen je verstummen, werden die Steine schreien.« Franciszek Fenikowski, geb. 1922, Lyriker
»Der Nationalsozialismus lastet auf uns allen. Er vergeht nicht, und in einigen dunklen Ecken sieht man, dass der Reiz der Volksgemeinschaft auch jetzt noch verlockend wirkt. Die Verbrechen sind in allgemeiner Erinnerung, die Frage, ›wie war es möglich‹ wird nicht verjähren und jegliches Ausweichen in ›Normalität‹ ist vergeblich.« Fritz Stern, geb. 1926, Historiker
»Die nationalsozialistische Bewegung hat eine geräuschvolle Gegenwart, aber gar keine Zukunft. Sie lebt von der Erregung plötzlich proletarisierter Schichten, die nicht wissen, welchen politischen und ökonomischen Kräften sie ihren Sturz aus bürgerlicher Geborgenheit in ein soziales Pariatum verdanken.« Carl von Ossietzky, geb. 1889, Publizist
BETROFFENHEIT
»Wenn ich schlechte Noten bekommen oder etwas verbrochen hatte, sagte sie (meine Mutter): ›Schade, dass ich aus Auschwitz herauskam, um das zu erleben.‹« Yaakov Gilad, geb. 1951
»Als ich fünfzehn war, fragte einer meiner Mitschüler im Geschichtsunterricht plötzlich, ob ich eigentlich ›mit dem Himmler‹ verwandt sei. Ich bejahte, mit einem Kloß im Hals. Es war mucksmäuschenstill in der Klasse. Alle waren hellwach und gespannt. Die Lehrerin aber wurde nervös und machte weiter, als sei nichts geschehen. Sie verpasste eine Chance, begreiflich zu machen, was uns, die Nachgeborenen, mit diesen ›alten Geschichten‹ überhaupt noch verbindet.« Katrin Himmler, geb. 1967
»Was soll ich, mit meiner dunklen Haut, mit Freunden in der ganzen Welt, bloß mit diesem Großvater? War er es, der meine Familie zerstörte? Fiel sein Schatten erst auf meine Mutter, schließlich auf mich? [...] Dass ich fünf Jahre in Israel studiert habe – war das Zufall oder Bestimmung? Muss ich jetzt anders mit meinen jüdischen Freunden reden, jetzt, da ich weiß: Mein Großvater hat eure Verwandten umgebracht?« Jennifer Teege, geb. 1970