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Kommentar zu den „Nürnberger Gesetzen“, München/Berlin, 1936

Nürnberger Gesetze

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Im Herbst 1935 wurde die Verfolgung der Juden durch eine weitere Rechtsgrundlage befördert: Um die sogenannte „Rassereinheit“ zu schützen und zugleich das vermeintlich „deutsche Blut“, beschloss der Reichstag einstimmig die Nürnberger Rassengesetze. Sie nahmen jüdischen Deutschen ihre Bürgerrechte und verboten Ehen und sogenannten außerehelichen Verkehr zwischen Juden und Nichtjuden. In einer Ausführungsbestimmung wurde definiert, wer als jüdisch zu gelten hatte und in welchem Maße die jeweiligen Angehörigen diesen Status beeinflussten. Als sogenannter „Volljude“ galt jeder Mensch, der drei jüdische Großelternteile hatte. Die eigene Religion spielte hierbei grundsätzlich keine Rolle. Institutionen wie die Kirchen ermöglichten einen reibungslosen Ablauf bei der Überprüfung individueller Stammbäume: Durch Herausgabe der Kirchenbücher und die damit gewährte Einsicht in die Taufregister ließ sich leicht überprüfen, ob jemand zum eigenen Schutz falsche Angaben gemacht hatte.

Doch schon bevor die Rassengesetze erlassen waren, wurden Teile der Bevölkerung zu aktiven Unterstützern offensiver und brutaler Diskriminierungsaktionen. Die Fotopostkarte rechts aus der Kleinstadt Norden in Ostfriesland entstand bereits im Sommer vor dem Erlass der Nürnberger Gesetze und ist ein Beispiel dafür, dass die Verbindung zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Personen längst öffentlich gewaltsam angeprangert und verurteilt wurde – auch ohne rechtliche Grundlage.

Die „Rassengesetze“ selbst und auch ein Kommentar stammen von Wilhelm Stuckart, damals Staatssekretär im Innenministerium, und seinem Mitarbeiter Hans Maria Globke, der nach dem Krieg Chef des Bundeskanzleramtes in der Regierung Konrad Adenauers wurde. Stuckart war Teilnehmer der Besprechung in dieser Villa. Im nächsten Raum werden wir noch kurz auf ihn zurückkommen.