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Todesanzeige für Gerhard Klopfer, Südwest Presse Ulm, 2. Februar 1987

Gerhard Klopfer

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Der Jurist Gerhard Klopfer war Ministerialdirektor in der Parteikanzlei. Es gehörte zu seinen Aufgaben, die radikalen Forderungen der NSDAP gegenüber den Reichsministerien durchzusetzen.

Nach Kriegsende tauchte Klopfer zunächst unter, wurde jedoch schon bald festgenommen. Im Zuge der Nürnberger Prozesse hat man ihn mehrfach verhört, aber nicht angeklagt. Den Fall Klopfer übergab man an eine Spruchkammer. Die Spruchkammern waren Laiengremien, die in den westlichen Besatzungszonen Personen hinsichtlich ihrer Beteiligung am NS Regime beurteilen sollten. Es gab fünf Kategorien, Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und schließlich Entlastete. Klopfer wurde im März 1949 als „minderbelastet“ eingestuft. Er musste 2 000 D-Mark Strafe zahlen und durfte in einer dreijährigen Bewährungsfrist nur einfachen Arbeiten nachgehen.

Derartig milde Urteile hatten Klopfer und viele weitere NS-Täter nicht zuletzt dem herrschenden Klima des Kalten Krieges zu verdanken: Je mehr die Spannungen zwischen Ost und West zunahmen, umso dringlicher versuchten die West-Alliierten, ein starkes West-Deutschland in der Mitte Europas zu schaffen. Zugleich sorgten Politiker der frühen Bundesrepublik dafür, dass Fachkräfte aus dem öffentlichen Dienst des NS-Staates rehabilitiert wurden. Viele NS-Täter wurden schließlich wieder in die westdeutsche Gesellschaft integriert.

Die Bevölkerung nahm sich selbst inzwischen zunehmend wahr als von Hitler und seinem Machtzirkel verführt. Zugleich sah man sich als Opfer – des Krieges, der Vertreibungen aus den verlorenen Ostgebieten und der Justiz der Siegermächte. Für die wenigen Überlebenden der nationalsozialistischen Verbrechen, machte dieses gesellschaftliche Klima die junge Bundesrepublik zu einem schwierigen Ort.

Gerhard Klopfer arbeitete ab 1956 nahezu unbehelligt als Rechtsanwalt in Ulm. Rechts neben dem Durchgang zum nächsten Raum können Sie seine Todesanzeige finden, die 1987 für Aufsehen sorgte.