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Andrée Geulen, Brüssel, 1940er Jahre

Andrée Geulen

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Ob sie sich nicht schäme, Juden zu unterrichten – diese Frage richtete die Gestapo an Andrée Geulen, deren energischen Blick Sie auf diesem Foto sehen. Die belgische Lehrerin antwortete den Gestapo-Männern mit einer Gegenfrage:

"Schämen Sie sich nicht, gegen jüdische Kinder Krieg zu führen?"

Die Befragung ereignete sich 1943 in Brüssel. Als die Gestapo herausfand, dass im Internat, wo die junge Lehrerin Andrée Geulen ihren Dienst tat, jüdische Kinder versteckt waren, kamen die Direktorin der Schule und ihr Mann ins KZ und wurden ermordet. Andrée Geulen aber entging der Verhaftung und setzte sich weiterhin für verfolgte Kinder ein. Sie pflegte Kontakt zu einer jüdischen Widerstandgruppe und beteiligte sich an zahlreichen Rettungsaktionen. Davon erzählt unter anderem die Kopie ihres aufgeschlagenen Notizbuches gleich rechts neben dem Foto: In diesem und weiteren Exemplaren hatte Andrée Geulen Namen und Adressen hunderter Kinder aus jüdischen Familien festgehalten. Auf Bitten der Eltern holte sie die Kinder ab und brachte sie in christlichen Familien oder in Klöstern unter. Dort und unter falschem Namen überlebten die meisten von ihnen die NS-Zeit.

Verglichen mit Belgien war das Netz der Verfolgung in den benachbarten Niederlanden oder im Deutschen Reich deutlich engmaschiger – nicht zuletzt durch eine Vielzahl von Denunziantinnen und Denunzianten. Nur wenige der Verfolgten erfuhren dennoch Hilfe von ihren Mitmenschen, etwa durch einen weitergegebenen Ausweis.