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Zum Protokoll IV

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Der vierte und letzte Abschnitt ab Seite zehn dokumentiert den Versuch, klare Vorgaben zu machen, welche Menschen deportiert werden sollen. Dabei werden verschiedene Verwandtschaftsbeziehungen erläutert, die zu sogenannten „Mischlingen“ ersten oder zweiten Grades führen und sogenannte „Mischehen“ thematisiert. In einigen Fällen wären Ausnahmen von der bevorstehenden Deportation möglich, doch nur für jene Menschen, die sich freiwillig einer Sterilisierung unterzögen, um – wie es auf Seite elf wiederum überraschend deutlich heißt – „jede Nachkommenschaft zu verhindern und das Mischlingsproblem endgültig zu bereinigen“.

Während es seitens der versammelten Ministerialbeamten offenbar keine Bedenken gegen die in Aussicht genommene Deportation von elf Millionen Menschen aus ganz Europa gab, verzeichnet das Protokoll auf Seite 14 zum ersten Mal einen Vorbehalt: Wilhelm Stuckart, Staatssekretär des Innenministeriums, befürchtete eine – so wörtlich – „unendliche Verwaltungsarbeit“ und verlangte, generell all jene „Mischlinge“ genannten Menschen zwangsweise zu sterilisieren. Seine Bedenken waren also rein praktischer Natur und bezogen sich nur auf Arbeitsabläufe. Außerdem schlug Stuckart ein Gesetz vor, dass die sofortige Scheidung sogenannter „Mischlingsehen“ bewirkt hätte. Die Anwesenden blieben dem gegenüber skeptisch – vermutlich aus Sorge um die Reaktionen der Kirchen, insbesondere der katholischen.

Die Frage, wer deportiert werden soll und wer nicht, wurde nicht abschließend geklärt. Auch spätere Treffen zu diesem Thema führten zu keiner klaren Trennlinie. Allerdings gingen die Beteiligten davon aus, dass die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ ohnehin erst nach Ende des Krieges umfassend angegangen werden könnte.