Gerhart Riegner
Gerhart Riegner (1911–2001) gehört zu den Ersten, die die Alliierten auf das Vorhaben der Nazis, die jüdische Bevölkerung Europas zu ermorden, aufmerksam machen. Im Jahr 1942 schickt er entsprechende Telegramme an die englische und die US-amerikanische Regierung.
Riegner arbeitet als Anwalt in Deutschland, bevor er 1933 das Land verlässt, nachdem die Nazis an die Macht gelangen. Er tritt 1936 dem Jüdischen Weltkongress in Genf als Rechtsberater bei. Drei Jahre später wird er Büroleiter der Genfer Vertretung des Jüdischen Weltkongresses.
Am 8. August 1942 sendet Riegner über britische und amerikanische Diplomaten Telegramme an das Auswärtige Amt in London und das US-Außenministerium. Die Nachricht lautet, er habe einen „alarmierenden Bericht“ über den Plan der Nazis erhalten, alle Jüdinnen und Juden „auf einen Schlag“ auszulöschen – und zwar ab Herbst 1942 und mithilfe von Blausäure. Riegners Telegramme sind die ersten Versuche, über den Holocaust zu informieren. Diese Warnungen werden von den Alliierten jedoch zunächst ignoriert. Eine Quelle für die Informationen war der deutsche Industrielle Eduard Schulte, Vorstand des schlesischen Bergwerkbetreibers Giesche. Durch seine Arbeit hat Schulte viele Kontakte mit NSDAP- und SS-Funktionären.
“Nie verspürte ich ein so starkes Gefühl von Verlassenheit, Machtlosigkeit und Einsamkeit wie zu dem Zeitpunkt, als ich Nachrichten des Unglücks und des Horrors an die freie Welt schickte und mir niemand glaubte.”
Nach dem Krieg ist Riegner weiterhin beim Jüdischen Weltkongress aktiv und arbeitet für diesen mit dem UN-Komitee für Menschenrechte zusammen. Dabei wirkt er an der Entstehung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit. Er schreibt zudem über religiöse Philosophie. Sein besonderes Interesse gilt den jüdisch-katholischen Beziehungen. Riegner geht diesen Tätigkeiten bis zu seinem Tod in Genf im Jahr 2001 nach.