Massimo Adolfo Vitale
Massimo Adolfo Vitale (1885–1968) sucht zeit seines Lebens nach den Namen der aus Italien und von den Ägäischen Inseln deportierten jüdischen Menschen.
Vitale wird in Turin geboren und studiert dort Jura. Als dekorierter Veteran des Ersten Weltkriegs fungiert er in Eritrea, Somalia und Libyen als Repräsentant der italienischen Kolonialadministration. 1938 zwingt ihn die italienische Rassengesetzgebung zur Aufgabe dieses Amtes. Er sucht Zuflucht in England, Frankreich und Marokko. Erst 1944 kehrt er nach Italien zurück. Seine Mutter und seine Schwester werden aus Turin deportiert und ermordet.
Nach seiner Rückkehr beauftragt ihn das Comitato Ricerche Deportati Ebrei (Komitee zur Suche nach jüdischen Deportierten) mit der Leitung der Recherchen. Vitale organisiert Unterkünfte und Lebensmittel für Überlebende des Holocaust und nimmt 1947 am Prozess gegen den Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß, in Warschau teil. Er besucht mehrere ehemalige Konzentrationslager und beginnt seine Forschungen zu Polen. Bereits 1946 verfasst er Les persécutions contre les juifs en Italie 1938-1945 (Die Verfolgung der Juden in Italien 1938-1945).
In diesem Bericht betont Vitale die Verantwortung des Vatikans und der katholischen Kirche bei der Unterstützung der Faschisten. Seine investigative Arbeit ergibt eine Liste: 7496 Jüdinnen und Juden sind aus Italien und von den Ägäischen Inseln deportiert worden. Es überlebten nur 837.
“Fast alle italienischen Juden trauern um jemanden, der nicht zurückkehren wird und von dem man weder das Todesdatum noch den Ort des Grabes kennt. Wenn daher gefragt wird, ob sich etwas zwischen Juden und Nichtjuden in Italien verändert habe, so kann man antworten: Vor 1938 waren wir Juden in Italien Italiener, jetzt sind wir ‚jüdische Italiener‘.”
Ab 1955 ist Vitale für das Centro di Documentazione Ebraica Contemporanea (Dokumentationszentrum für jüdische Zeitgeschichte) in Mailand tätig. Er widmet sich dem Kampf gegen Antisemitismus in Italien und Polen.