Dispossession. Plundering German Jewry, 1933 - 1953.

[Englisch version below]

Christoph Kreutzmüller, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bildungsabteilung der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, und Jonathan R. Zatlin, Professor für Geschichte an der Universität Boston University, vertiefen unsere Kenntnisse über die Erfahrungen deutscher Jüdinnen und Juden vor dem Hintergrund von Ausplünderung, Rassismus und Völkermord in ihrem soeben auf Englisch erschienenen Buch: Dispossession. Plundering German Jewry, 1933-1953.

Cover Dispossession Kreutzmueller Zatlin
Cover: "Dispossession. Plundering German Jewry, 1933 - 1953"

Dieser Sammelband vereint Essays einer Reihe internationaler, interdisziplinär forschender Wissenschaftler*innen, die nicht etwa bei der Finanzgeschichte stehen bleiben, sondern auch die sozialen und kulturellen Bedeutungen des ab 1933 stattfindenden Diebstahls des Eigentums deutscher Jüdinnen und Juden, beleuchten. Trotz des brisanten Themas und der anhaltenden juristischen Auseinandersetzungen hat dieser Forschungsgegenstand bisher nicht die ihm gebührende wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhalten. Der vorliegende Band leistet einen dringlich gebotenen Beitrag zum Verständnis der Zeit- und Rechtsgeschichte der „Ausplünderung“.

Die Aufsätze befassen sich mit der konfiskatorischen Besteuerung jüdischen Eigentums, der Plünderung von Kunst und der Beschlagnahmung von Gold, der Rolle deutscher Spediteure beim Vermögensdiebstahl und von Händlern bei den Enteignungen im Einzelhandel, dem Trickbetrug mit Heimeinkaufverträgen und räumt mit Mythen vom angeblichen Schutz der Privatbank M. M. Warburg & Co durch Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht auf. Andere Beiträge diskutieren Lerneffekte des Raubes und Aspekte der Rückerstattung über die deutschen Grenzen hinaus.

„Es handelt sich insgesamt um ein außerordentlich wichtiges Thema, und die einzelnen Beiträge sind jeweils bedeutende Studien in ihrem spezifischen Feld. Es besteht zwar kein Mangel an Arbeiten über den Holocaust und das nationalsozialistische Deutschland, aber diesem stark integrativ angelegten Sammelband gelingt es, sich nicht nur mit der Täterschaft des Holocaust an sich zu befassen, sondern auch mit den Reaktionen der Opfer und er zeigt die menschlichen Kosten dieser Enteignung auf“, schreibt Michael Berkowitz vom University College London über das Buch.

Zu den Autoren des Sammelbandes gehören neben Albrecht Ritschl und Jonathan Petropoulos auch Tal Bruttmann und Stefan Hördler, die zusammen mit Christoph Kreutzmüller im Januar 2020 bei uns ihr gemeinsames Buch „Die fotografische Inszenierung des Verbrechens. Ein Album aus Auschwitz“ vorgestellt haben.

Ebenso wirkte ein Mitglied unseres internationalen wissenschaftlichen Beirates mit: Mark Roseman, Professor des „Pat M. Glazer Chair“ für Jüdische Studien an der Indiana University (Bloomington) erzählt die Geschichte des außerordentlich schwierigen Entschädigungsverfahrens von Marianne Ellenbogen. Sein Beitrag macht deutlich, warum der Sammelband nicht der üblichen Zäsur von 1933-1945 folgt, sondern den Betrachtungszeitraum der Enteignung und Ausplünderung bis 1953 fortführt.

 

[English version]

Dispossession: Plundering German Jewry, 1933 - 1953.

Christoph Kreutzmüller, Senior Historian of the House of the Wannsee Conference in Berlin, and Jonathan R. Zatlin, Associate Professor of History at Boston University, present a comparative context for understanding the experience of the German Jewry in the wake of Nazi plundering, racism, and genocide in their new book: Dispossession. Plundering German Jewry, 1933-1953.

Cover Dispossession Kreutzmueller Zatlin
Cover: "Dispossession. Plundering German Jewry, 1933 - 1953"

This collection of essays by a range of international, multidisciplinary scholars explores the financial history, social significance, and cultural meanings of the theft, starting in 1933, of assets owned by German Jews. Despite the fraught topic and the ongoing legal discussions, the subject has not received much scholarly attention until now. This volume offers a much-needed contribution to our understanding of the history of the period and the acts. The essays examine the confiscatory taxation of Jewish property, the looting of art and confiscation of gold, the role of German freight forwarders in property theft, salesmen and dispossession in the retail world, theft from the elderly, and the complicity of the banking industry, as well as the reach of the practice beyond German borders.

“This is an incredibly important subject overall and the component parts are each significant contributions to their respective fields. While there is no shortage of work on the Holocaust and Nazi Germany, this is among the more integrative works that deal with not exclusively the perpetration of the Holocaust per se but also the responses of victims, and reveals the human cost of this dispossession,” says Michael Berkowitz, University College London.

Among the authors of this book are also Tal Bruttmann and Stefan Hördler, who presented their new interpretation of the Lili Jacob Auschwitz Album at our Memorial and Educational Site, “Die fotografische Inszenierung des Verbrechens. Ein Album aus Auschwitz” in January, together with Christoph Kreutzmüller.

A member of our international scientific advisory board also contributed an essay: Mark Roseman, holder of the “Pat M. Glazer Chair” for Jewish Studies at Indiana University (Bloomington) tells the story of Marianne Ellenbogen's extremely difficult compensation case. His contribution makes it clear why the collection does not follow the usual period of Nazi rule from 1933-1945, but prolongs the perspective on dispossession and plundering up to the Federal Indemnification Law (Bundesentschädigungsgesetz) of 1953.