Zerstörtes Recht - ein Kooperationsprojekt mit der Hans-Litten-Schule (Berlin-Charlottenburg)

Die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz (GHWK) und die Hans-Litten-Schule (HLS) kooperieren seit Ende des Schuljahrs 2018/2019 miteinander. In den vergangenen Jahren besuchten Schulklassen der HLS regelmäßig die Gedenkstätte im Rahmen von Führungen, zu einer formellen Kooperation kam es jedoch erst im Frühjahr 2019. 

Unser Kooperationspartner: die Hans-Litten-Schule in Berlin-Charlottenburg (Quelle: www.hans-litten-schule.de)

Anlass für die Kooperation war das neue Förderprogramm „Jugend erinnert“ und das in diesem Rahmen angedachte Projekt „Zerstörtes Recht“, da es die Möglichkeit langfristiger außerschulischer Bildungsformate im Rahmen von Kooperationen zwischen Schulen und Gedenkstätten bot und damit der Zielsetzung der GHWK und der HLS entsprach, die Beziehungen zwischen beiden Einrichtungen zu intensivieren. Nach dem Erhalt des Bewilligungsbescheides wurden seitens der Schulleitung mehrere Zeitfenster ermöglicht, im Rahmen derer die Projektleitung der GHWK Flavia Citrigno mehrmals die Schule besuchte, um das Projekt den Schülerinnen und Schülern vorzustellen und für eine Teilnahme zu werben.

Angesprochen wurden Schülerinnen und Schüler aus dem Beruflichen Gymnasium sowie aus der Berufsschule. Dort absolvieren die Auszubildenden den schulischen Teil der Ausbildung zur/zum Justizfachangestellte/n oder zur/zum Notarfachangestellte/n. Insbesondere für sie bedeutet die Teilnahme an einem solchen Projekt eine zusätzliche Belastung (und weist damit auf ein besonderes Engagement hin), da sie den Schulunterricht mit ihrer Tätigkeit in Kanzleien oder Notarbüros verbinden müssen. Dennoch konnte ihr Interesse geweckt werden. Viele folgten der Einladung zu einem ersten Treffen in der GHWK und heute sind es vor allem zukünftige Justizfachangestellte, die den Kern der mittlerweile gebildeten Arbeitsgemeinschaft bilden.  

Um die begrenzten zeitlichen Möglichkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigen und sie nicht zu demotivieren, wurden weniger, dafür aber zeitintensivere Treffen verabredet. Alle Termine für das erste Projektjahr wurden mit ihnen beim ersten Treffen vereinbart. 

Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

Von den zwischen August 2019 und Juni 2020 vereinbarten acht Terminen konnten vier stattfinden 

25.10.2019, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

An diesem Tag standen vor allem das Kennenlernen der Teilnehmenden sowie die erste gemeinsame Begegnung mit der NS-Geschichte im Zentrum. Unter anderem anhand von historischen Fotos wurden Fragen der Teilnehmenden zum NS-Regime und der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik insbesondere der Jüdinnen und Juden Europas gesammelt und diskutiert. 

Weiterhin fand eine Klärung inhaltlicher und logistischer Aspekte zum Projekt „Zerstörtes Recht“ statt.  

24.1.2020, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz

Der historische Ort der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz stand im Mittelpunkt des zweiten Treffens.

Die Schülerinnen und Schüler setzten sich insbesondere mit den Teilnehmenden, dem Ablauf sowie den Ergebnissen der Besprechung am 20. Januar 1942 auseinander. Neben der Sichtung und Analyse von Dokumenten der Besprechung erkundeten die Schülerinnen und Schüler die Gedenkstätte und ihre Geschichte. Im Rahmen der abschließenden Diskussion thematisierten die Teilnehmenden intensiv Fragen von rechtlichem Schutz der Menschenrechte in Vergangenheit und Gegenwart.

Quelle: www.hans-litten-schule.de

14.2.2020, Hans-Litten-Schule (Oberstufenzentrum)

Im Rahmen einer für weitere Schülerinnen und Schüler offenen Informationsveranstaltung wurde das Projekt „Zerstörtes Recht“, die Arbeit der bis zu dem Tag beteiligten jungen Erwachsenen, sowie die geplante Studienreise nach Israel vorgestellt. 

10.3.2020, Stiftung Topographie des Terrors

Um andere Akteure des Terrorapparates im NS-Regime zu thematisieren, wurde, auf Wunsch der Teilnehmenden, ein Seminar in der Stiftung Topographie des Terrors durchgeführt. In Kleingruppen setzten sie sich mit den Fallakten von verschiedenen Opfern und mit Biografien von ausgewählten Tätern auseinander. 

Das große Interesse der jungen Erwachsenen an den Workshops zeigte sich unter anderem an ihrer kontinuierlichen Beteiligung und der von ihnen an der Schule selbst vorgenommenen „Werbung“ für das Projekt. So beteiligten sich am ersten Treffen 17 Teilnehmende. Im Januar waren es bereits 19 und bei der Informationsveranstaltung im Februar schließlich sogar insgesamt 27 Schülerinnen und Schüler. Die Kerngruppe besteht mehrheitlich aus jungen Frauen (zw. 18 und 30 Jahre alt), die meisten von ihnen Azubis zur Justizfachangestellten, darunter einige mit einem sogenannten Migrationshintergrund aus osteuropäischen Ländern. 

Die Ausbreitung der Corona Pandemie hat uns leider gezwungen, die weiteren vereinbarten Termine abzusagen bzw. zu verschieben: 

  • 27.3. 2020 - Workshop bei 7xjung zum Thema „Geschichte und Gegenwart“ 
  • 15.5.2020 - CITY RALLY „Auf der Spuren von Hans Litten in Berlin“ und Vorbereitung auf die Israelreise
  • 25.5. - 1.6.2020 - Israelreise 
  • 19.6.2020 - Nachbereitung der Israelreise 
Klagemauer und Tempelberg, Jerusalem (Foto: Quinn Norton, cc-by-2.0)

Unklar bleibt, ob und inwiefern es möglich sein wird, die Studienreise nach Israel durchzuführen. Eine Absage der Reise in diesem Jahr wäre besonders bedauerlich, da die jungen Erwachsenen, die sich bis jetzt sehr aktiv an dem Projekt beteiligt haben, dieser Möglichkeit mit großer Freude und Interesse entgegengeblickt haben und mit ihren Arbeitgebern schon Absprache gehalten hatten. Die Schwerpunkte des Programms in Israel waren mit ihnen gemeinsam abgestimmt worden und einige hatten schon angefangen, sich in die Biografien der Zeitzeugen einzulesen, um konkrete Fragen an sie formulieren zu können. Außerdem wurden bereits finanzielle Mittel für die Vorbereitungen investiert, unter anderem ein Teil der Kosten für eine Vorbereitungsreise in Israel im Dezember 2019. Im Rahmen eines Aufenthalts vor Ort wurden Kontakte angeknüpft und Absprachen mit Referenten getroffen. 

Die Reise der Teilnehmenden wurde vorerst auf den 4. bis 11. Oktober 2020 verschoben. Die Flüge sowie die Unterkünfte wurden umgebucht, aufgrund der Feiertage in Israel teilweise verbunden mit erhöhten Kosten. 15 der 18 Schülerinnen und Schüler, die für die Reise im Mai zugesagt hatten, wollen im Oktober teilnehmen.