Reduziert, verständlich und historisch korrekt?
Zum Sprachstil der neuen Dauerausstellung

Audio-Beitrag: Hintergrundgespräche 2 

Für die sogenannte Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 ist eine versachlichende Sprache voller Euphemismen charakteristisch. Diese Sprache wird zu einem entscheidenden Merkmal der Planung und Organisation des Massenmords an Millionen Jüdinnen und Juden – wie sich im 15-seitigen Besprechungs-Protokoll zeigt.  

Um die Ungeheuerlichkeit der hier besprochenen Verbrechen einer vielfältigen Gesellschaft zu vermitteln, setzt die neue Dauerausstellung auf ein niederschwelliges Angebot – auch durch Reduktion und Vereinfachung. Mit dem Anspruch, die Komplexität des historischen Geschehens möglichst publikumsgerecht zu vermitteln, entsteht ein Spannungsfeld. Für die Textarbeit der neuen inklusiven Ausstellung war dies eine besondere Herausforderung. 

Im vom Germanisten und früheren Leiter der Bildungsabteilung im Haus der Wannsee-Konferenz, Dr. Wolf Kaiser, moderierten zweiten Hintergrundgespräch diskutieren  

  • Dr. Hans-Christian Jasch (ehemaliger Direktor und Leiter des Projekts Neue Dauerausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz),  

  • Dr. Christiane Schrübbers (Sachverständige für Barrierefreiheit im Projekt Neue Dauerausstellung) und  

  • Cornelia Siebeck (Redakteurin der Ausstellungstexte und zuletzt verantwortlich für Zugänglichkeit im Projekt denk.mal Hannoverscher Bahnhof in Hamburg) folgende Fragen: 

Für wen wurde getextet und welche Sprache wird in der Ausstellung verwendet? Was sind zeitgemäße Ausstellungstexte? Warum sind die Ausstellungstexte im historischen Präsenz gehalten? Wie war der Redaktionsprozess organisiert? Welche Anforderungen sollten inklusive Ausstellungen sprachlich erfüllen? Steht das Bemühen von Historiker*innen um möglichst genaue Beschreibungen historischer Prozesse ganz grundsätzlich im Widerspruch zu der gebotenen Kürze und Allgemeinverständlichkeit von Ausstellungstexten? Wie niederschwellig und einfach kann diskriminierungs- und machtsensible Sprache sein? Und: Widerspricht historisch und politisch reflektierter Sprachgebrauch dem Anspruch auf Inklusion?