"Berlin lebt auf!" Pressemeldungen zum Nachkrieg

Berliner Zeitung, 25. Mai 1945

Der Hunger und seine Folgen

Durch Ausbeutung der besetzen Gebiete können die Nazis die Nahrungsmittelversorgung derjenigen Bevölkerungsteile, die ihren rassistischen Kriterien entsprechen, lange Zeit auf hohem Niveau halten. Erst Ende des Krieges bricht Hunger aus.

Berliner Zeitung, 25. Mai 1945

Obgleich selbst alles andere als üppig ausgerüstet, übernimmt die Rote Armee nach der Befreiung die Erstversorgung. Die Opfer von Verfolgung erhalten sogar Extrarationen. Für die anderen reichen die Zuteilungen kaum aus. Viele sind gezwungen, in Ruinen nach Essen und nach Brennmaterial zu suchen und durch den (illegalen) Tauschhandel – auf dem Land oder in der Stadt – zusätzliche Kalorien zu ergattern. Durchziehende Flüchtlinge werden mit einer Suppe und einem Stück Brot abgespeist.

In Folge der Kriegsverwüstungen bleiben die Ernten aber in ganz Europa mager. Trotz Care-Paketen leiden die meisten Menschen in Berlin jahrelang Hunger. Erst 1949, nach dem Ende der sowjetischen Blockade, beginnt sich die Versorgung in beiden Teilen der Stadt zu normalisieren. Die Erfahrung des Hungers prägt diese Generation bis heute.

Chronologie

Angepflanzt auf Ruinen

Bundesarchiv, Bildarchiv, 183-N0207-364, Fotograf: Otto Donath.
Bundesarchiv, Bildarchiv, 183-N0207-364, Fotograf: Otto Donath.

Im Sommer 1945 und 1946 werden überall in Berlin – so auch auf dem Baltenplatz, der wenig später nach dem ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin in Bersarinplatz umbenannt wird – Obst und Gemüse angebaut. Der Ertrag der provisorischen Beete ist allerdings allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.

Care-Pakete

Bundesarchiv, Bildarchiv, B 145 Bild-P028987 (Puck-Archiv)
Bundesarchiv, Bildarchiv, B 145 Bild-P028987 (Puck-Archiv)

Ab Ende 1946 senden amerikanische Wohlfahrtsorganisationen Nahrungsmittelpakete in die westlichen Besatzungssektoren. Diese Pakete werden als Wohltat empfunden – und inszeniert. Sie stiften ebenso wie die „Rosinenbomber“ während der Blockade Verbundenheit zu den ehemaligen Feinden im Westen.

„Herr Schimpf und Frau Schande“, Plakat, Ost-Berlin 1950

Bundesarchiv, Berlin, Plak 100-034-034
Bundesarchiv, Berlin, Plak 100-034-034

Nach der Währungsreform klaffen die Preise zunehmend auseinander. Viele West-Berlinerinnen und -Berliner decken sich im Osten der Stadt mit staatlich subventionierten Grundnahrungsmitteln ein, obgleich dies öffentlich angeprangert wird. Bis zum Fall der Mauer gehört der Einkauf in den DDR-Intershops für viele zum Alltag.

Mary Hahn: Praktisches Kochbuch für die bürgerliche Küche

Privatbesitz

Das Buch wird 1953 vom Landeslehrbuchausschuss des Senates von West-Berlin empfohlen. Nach den Entbehrungen wollen sich viele etwas gönnen. Die Fleischportionen wachsen ebenso wie der Konsum von Fett und Eiern bis in die 1980er-Jahre ständig. Bis heute legen die Gerichte nach „deutscher Hausfrauenart“ allzu oft weniger Wert auf den Geschmack als auf die Fülle.